Betriebsratsbeschlüsse in der Corona-Krise: Kirche als Vorbild?
Etwas aus der Zeit gefallen: Formvorschriften für Betriebsratssitzungen
Betriebsratsbeschlüsse können wirksam nur gefasst werden, wenn die Betriebsratsmitglieder sich tatsächlich physisch in einem Raum versammeln. Zumindest war das die bislang einhellige Auffassung. Diese wurde daraus abgeleitet, dass § 33 Betriebsverfassung, der die Beschlussfassung regelt, von „anwesenden“ Betriebsratsmitgliedern die Rede ist.
Bundesarbeitsministerium reagiert auf Corona-Krise
Nun hat das Bundesarbeitsministerium in einer Erklärung vom 20. März 2020 wissen lassen, dass in der Corona-Krise auch virtuelle Betriebsratssitzungen zulässig seien. Diese ministerielle Äußerung ist bedenklich. Denn sie greift in die Befugnisse der Rechtsprechung und der Gesetzgebung ein und missachtet damit letztlich die Gewaltenteilung. Inhaltlich vernünftig wäre eine solche Regelung in der heutigen Zeit aber sicherlich.
Kirche macht es besser
Besser macht es da die Kirche. Sie hat ihr eigenes Arbeitsrecht im Rahmen des so genannten „Dritten Weges“. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt für sie nicht. Die Interessenvertretungen der Mitarbeiter heißen auch nicht Betriebsräte, sondern Mitarbeitervertretungen (MAV). Ihre Tätigkeit wird in der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) geregelt. Diese wurde angesichts der Corona-Krise im Handumdrehen geändert.
Nach der Änderung ist es nun möglich, MAV-Sitzungen per Telefon- oder Videokonferenzen durchzuführen, wenn „wegen eines unabwendbaren Ereignisses“ einzelne oder alle Mitglieder nicht körperlich anwesend sein können.
Damit hat die Kirche die Änderung an der Stelle eingefügt, an der sie zweifellos möglich ist.
Arbeitsgerichte entscheiden am Ende
Für den außerkirchlichen Bereich bleibt zu hoffen, dass die staatlichen Arbeitsgerichte im Streitfall der Auffassung der Ministeriums folgen. Ausgemacht ist das aber nicht. Gerichte entscheiden schließlich im Rahmen der Gewaltenteilung autonom.