Kündigungsschutzklage Wiedereinstellung
Kann die Kündigungsschutzklage zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses führen? Ja, denn bei der Kündigungsschutzklage steht eigentlich nach dem Gesetz nicht im Vordergrund, ob oder wie viel Abfindung ein Arbeitnehmer nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung bekommt.

Zwar kann eine Abfindung während des Kündigungsschutzprozesses mit dem Arbeitgeber verhandelt werden und zur endgültigen Trennung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber führen; allerdings ist dies nach dem Gesetz nicht das vorrangige Ziel des Verfahrens und der Klage.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Michael Tillmann informiert in diesem Beitrag über die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bzw. der Weiterbeschäftigung nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage.
Übersicht:
- Was bringt eine Kündigungsschutzklage?
- Ist man während einer Kündigungsschutzklage noch angestellt?
- Was passiert nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage?
- Wann ist eine Weiterbeschäftigung unzumutbar?
1. Was bringt eine Kündigungsschutzklage?
Gilt für Arbeitnehmer der allgemeine Kündigungsschutz, so sind Arbeitnehmer gesetzlich vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt. Aus bestimmten sozial gerechtfertigten Gründen sind Kündigungen durch den Arbeitgeber allerdings trotzdem möglich. Das Kündigungsschutzgesetz nennt als Gründe der sozialen Rechtfertigung die verhaltensbedingte, personenbedingte und betriebsbedingte Kündigung.
Liegt einer dieser drei Kündigungsgründe vor und kann der Arbeitgeber dies auch beweisen, kann eine arbeitgeberseitige Kündigung gerechtfertigt sein. Reichen die Gründe allerdings nicht aus oder liegen gar nicht vor, kann die arbeitgeberseitige Kündigung rechtswidrig sein. Auch aus formalen Gründen kann eine Kündigung rechtswidrig sein.
Gerichtliche Überprüfung der Kündigung durch Kündigungsschutzklage
Reicht der Arbeitnehmer gegen eine arbeitgeberseitige Kündigung eine Kündigungsschutzklage ein, überprüft das Arbeitsgericht, ob die Kündigung rechtswidrig oder rechtmäßig war. Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Kündigung rechtswidrig war und durch den Arbeitgeber nicht ausgesprochen werden durfte, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich wieder zu beschäftigen und das Arbeitsverhältnis ist weiter fortzuführen.
Die gerichtliche Überprüfung kann somit dazu führen, dass eine rechtswidrige Kündigung als solche erkannt wird und der Arbeitgeber dazu verpflichtet wird, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Nach dem Gesetz ist das eigentlich einerseits der Normalfall.
Einigung bzw. Vergleich möglich
Das arbeitsgerichtliche Verfahren ist aber andererseits nach der Prozessordnung darauf ausgerichtet, dass zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber möglichst eine einvernehmliche Lösung zustande kommt. Mit einer Einigung, also einem so genannten gerichtlichen Vergleich, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber aushandeln können, kann beispielsweise eine arbeitgeberseitige Kündigung in eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses umgewandelt werden.
Die Bedingungen der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels eines Vergleichs können z.B. die Zahlung einer Abfindung, eine Freistellung, die Abgeltung von Mehrarbeit und Urlaubsansprüchen sowie die Gesamtnote des Zeugnisses beinhalten. Je dürftiger die vorgebrachten Kündigungsgründe sind, desto eher wird der Arbeitgeber bereit sein, einen Vergleich einzugehen.
Diesen Vergleich muss man jedoch nicht eingehen. Jede Partei hat auch das Recht, statt einer Einigung ein Urteil herbeizuführen.
2. Ist man während einer Kündigungsschutzklage noch angestellt?
Wurde man als Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber gekündigt, muss man in der Regel auch den Betrieb verlassen. Bei der ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung gilt die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 BGB oder davon abweichend eine arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist. Nach Ablauf der Kündigungsfrist endet das Arbeitsverhältnis faktisch zunächst einmal. Bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis sofort.
Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ändert daran erst einmal faktisch nichts. Trotz des Umstandes, dass man eine Klage eingereicht hat, kommt es zunächst einmal nicht zu einer Fortführung des gekündigten Arbeitsverhältnisses in der Praxis. Die Kündigungsschutzklage hat also nicht etwa den Effekt, dass man vorläufig wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann.
Ausnahme: Weiterbeschäftigungsanspruch
Es gibt allerdings eine Ausnahme: den so genannten Weiterbeschäftigungsanspruch. In bestimmten Fällen soll dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden, auf den Ausgang des Kündigungsschutzprozesses zu warten, um wieder an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung widersprochen hat. Gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG kann unter Erfüllung weiterer Voraussetzung ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung bestehen.
Ein so genannter allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch kann sich ergeben, wenn das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung größer ist als das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer in der ersten Instanz gewonnen hat und dort die Kündigung für unwirksam erklärt wurde. Während eines eventuellen Berufungsverfahrens kann der Arbeitnehmer dann zunächst einmal weiterarbeiten.
3. Was passiert nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage?
Hat das Arbeitsgericht dem Klageantrag des Arbeitnehmers entsprochen, war die erhaltene Kündigung rechtswidrig und hätte vom Arbeitgeber nicht ausgesprochen werden dürfen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer wieder zu beschäftigen und das Arbeitsverhältnis weiterzuführen ist.
Der Arbeitnehmer ist nach gewonnenem Prozess wieder zu beschäftigen. Da der Arbeitgeber durch den Ausspruch der Kündigung während des Kündigungsschutzprozesses die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abgelehnt hat, befand sich der Arbeitgeber in diesem Zeitraum im so genannten Annahmeverzug.
Für die Zeit des Annahmeverzugs muss der Arbeitgeber den Annahmeverzugslohn leisten. Dabei sind aber etwaige Einnahmen aus einem inzwischen neuen Arbeitsverhältnis oder aus dem Arbeitslosengeld anzurechnen. Unter Umständen sind sogar Einnahmen anzurechnen, die der Arbeitgeber gar nicht erzielt hat, aber hätte erzielen können.
4. Wann ist eine Weiterbeschäftigung unzumutbar?
Das gewonnene Kündigungsschutzverfahren führt dazu, dass der Arbeitnehmer wieder zu beschäftigen und das Arbeitsverhältnis fortzuführen ist, da die ausgesprochene Kündigung unwirksam und rechtswidrig war. Doch die Wiedereinstellung kann trotz des Urteils des Arbeitsgerichts für eine der beiden Parteien unzumutbar sein.
Unzumutbarkeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber möglich
Die Unzumutbarkeit kann sich z.B. daraus ergeben, dass während des Kündigungsschutzprozesses der Arbeitgeber ehrverletzende Äußerungen über den Arbeitnehmer macht oder vor Ausspruch der Kündigung bereits schikanöses Verhalten gegenüber dem Arbeitnehmer an den Tag gelegt wurde. Ebenso kommt die Unzumutbarkeit für den Arbeitnehmer dann in Frage, wenn er aus unsachlichen Motiven gekündigt wurde, wie z.B. die private Lebensführung oder die sexuelle Orientierung.
Eine Unzumutbarkeit für den Arbeitgeber kommt in Frage, wenn er beweisen kann, dass eine Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer, die den Betriebszwecken dienlich ist, nicht mehr möglich ist. Hier stellt das Bundesarbeitsgericht allerdings strenge Anforderungen an die Beweislast des Arbeitgebers. Bei einem unsachlichen oder aggressiven Umgangston im Kündigungsschutzprozess kann eine Unzumutbarkeit vorliegen.
Auflösungsantrag bis zum Ende der mündlichen Verhandlung möglich
Sollte eine der beiden Parteien die weitere Zusammenarbeit als unzumutbar ansehen, kann sie einen Auflösungsantrag gemäß § 9 KSchG stellen. Dieser Antrag kann aber nur dann gestellt werden, wenn die Kündigung sozialwidrig war, also keiner der drei gesetzlichen Kündigungsgründe vorlag. Bei einer Kündigung, die z.B. allein wegen formaler Fehler unwirksam ist, ist ein Auflösungsantrag nicht möglich. Der Antrag kann bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Stimmt das Gericht dem Auflösungsantrag zu, endet das Arbeitsverhältnis, obwohl die Kündigung rechtswidrig war. Das Arbeitsverhältnis wird dann durch die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgelöst. Gleichzeitig erhält der Arbeitnehmer vom Gericht eine Abfindung zugesprochen.
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