Wer eine Kündigung von seinem Arbeitgeber bekommt, denkt normalerweise nicht als erstes daran, was mit seinem Urlaubsanspruch passiert. Das ist absolut verständlich – erst recht, wenn es sich um eine fristlose Kündigung handelt.
Da stehen andere Dinge im Vordergrund. Und das sollten sie auch.
Dennoch macht es Sinn, sich nach dem ersten Schock und der Überlegung, wie man sich gegen die Kündigung als solche wehrt, auch den Urlaubsanspruch in den Blick zu nehmen: Habe ich Anspruch auf meinen Urlaub bei Kündigung? Muss er noch genommen werden? Kann man ihn sich auszahlen lassen? Können eventuelle Ansprüche auf Urlaub oder Zahlung verjähren?
Vor allem um diese Fragen geht es in dem vorliegenden Beitrag.
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Inhalt
- Beendigung des Arbeitsverhältnisses als „Stop-Taste“ für den Urlaub
- Kann der Arbeitgeber den Urlaub bei Kündigung durch Freistellung „abräumen“?
- Wie hoch ist der Auszahlungsbetrag?
- Wie lange ist der Auszahlungsanspruch „haltbar“?
- Welchen Einfluss hat ein Aufhebungsvertrag auf den Auszahlungsanspruch?
- Urlaub bei Kündigung: Fazit
- FAQ
1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses als „Stop-Taste“ für den Urlaub
Grundlegend für den Urlaubsanspruch und alle seine Regelungen ist das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt § 7 Absatz 4 BUrlG. Dort ist geregelt, dass Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten ist.
Das heißt aber nicht, dass man als Arbeitnehmer in der Pflicht wäre, unbedingt bis zum Ende der Kündigungsfrist noch seinen restlichen Urlaub zu nehmen. Es geht nicht um irgendein Verschulden. Vielmehr wird bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die „Stop-Taste“ automatisch auch für den Urlaub gedrückt. Der in diesem Zeitpunkt noch vorhandene restliche Urlaubsanspruch wandelt sich dann in einen so genannten Urlaubsabgeltungsanspruch. Damit ist ein Anspruch auf Auszahlung des Urlaubs in Geld gemeint.
Dieser Auszahlungsanspruch ist völlig unabhängig vom Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er gilt also auf jeden Fall auch, wenn man als Arbeitnehmer selbst gekündigt hat. Oder wenn man durch grob vertragswidriges Verhalten eine fristlose Kündigung verursacht hat.
2. Kann der Arbeitgeber den Urlaub bei Kündigung durch Freistellung „abräumen“?
Ja, das ist grundsätzlich möglich. Rechtlich gesehen wird Urlaub ohnehin vom Arbeitgeber gewährt und nicht vom Mitarbeiter genommen. Im Falle einer Kündigung oder eines sonst bevorstehenden Endes des Arbeitsverhältnisses – zum Beispiel durch Befristung – kann der Arbeitgeber auch ohne Urlaubsantrag des Mitarbeiters aktiv werden und ihm den Urlaub „auf´s Auge drücken“.
Die Urlaubsgewährung kann dabei „klassisch“ unmittelbar als solche erfolgen. Sie kann aber auch mit einer generellen Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Urlaubsanrechnung verbunden werden.
Das funktioniert wirksam allerdings nur bei einer unwiderruflichen Freistellung. Die Rechtsprechung geht allerdings regelmäßig von einer unwiderruflichen Freistellung aus, wenn Urlaub angerechnet werden soll und die Freistellung nicht ausdrücklich als widerruflich gekennzeichnet ist. Ebenso geht die Rechtsprechung regelmäßig ohne gegenteilige Anhaltspunkte davon aus, dass auch die weitere Voraussetzung erfüllt ist, nämlich dass die Zahlung der Vergütung für den Urlaub vorbehaltlos zugesagt ist.
3. Wie hoch ist der Auszahlungsbetrag?
Die Berechnung der Urlaubsabgeltung erfolgt grundsätzlich wie auch die Berechnung der Vergütung während des Urlaubs im laufenden Arbeitsverhältnis nach § 11 BUrlG. Grundlage der Berechnung bildet danach der durchschnittliche Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Außergewöhnliche Umstände wie Kurzarbeit einerseits oder Überstunden andererseits fließen dabei nicht in die Berechnung mit ein.
Bei einem festen Monatsgehalt, wie es heutzutage weit verbreitet ist, kann man auf dieser Basis eine vereinfachte Formel anwenden, die mit einem Quartal (nichts anderes sind 13 Wochen letztlich) ausgeht. Um den Vergütungssatz für den einzelnen Urlaubstag zu berechnen, muss man dann allerdings noch danach differenzieren, wie viele Arbeitstage pro Woche vertraglich vorgesehen sind.
Somit ergibt sich bei einer 5-Tage-Woche folgende Berechnungsformel: Bruttomonatsgehalt x 3 Monate : 65 Arbeitstage (13 Wochen à 5 Tage) = Vergütung pro Urlaubstag
Bei einer 6-Tage-Woche lautet die Formel hingegen: Bruttomonatsgehalt x 3 Monate : 78 Arbeitstage (13 Wochen à 6 Tage) = Vergütung pro Urlaubstag
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4. Wie lange ist der Auszahlungsanspruch „haltbar“?
Ansprüche können verjähren oder verfallen. Kein Anspruch hält ewig. Verjährung und Verfall sind aber nicht dasselbe.
Verjährung ist eine gesetzliche zeitliche Grenze, nach deren Ablauf der Schuldner die Erfüllung einer Forderung verweigern kann. Die regelmäßige Verjährungsfrist, die auch im Arbeitsrecht gilt, beträgt 3 Jahre. Allerdings greift die Verfallfrist – auch Ausschlussfrist genannt – oft schon lange vor Eintritt der Verjährung, meistens schon nach 3 Monaten. Bei der Verfallfrist bzw. Ausschlussfrist handelt es sich um eine vertraglich vereinbarte Frist.
Nun muss man noch zusätzlich unterscheiden zwischen dem Auszahlungsanspruch (Urlaubsabgeltungsanspruch) und dem ursprünglichen Urlaubsanspruch, aus dem der Auszahlungsanspruch entstanden ist.
Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt wie jeder Zahlungsanspruch der Verjährung und – falls vertraglich vereinbart – auch einer Verfall- bzw. Ausschlussfrist. Da die Ausschlussfrist wie dargestellt meist deutlich kürzer ist als die Verjährung, kommt es auf die Verjährung in aller Regel aber nur dann an, wenn keine Ausschlussfrist vereinbart ist.
Wenn das Arbeitsverhältnis endet, sollte man daher als Mitarbeiter unbedingt sehr zügig etwaige noch offene Urlaubsabgeltungsansprüche geltend machen – notfalls auch gerichtlich.
Beim Urlaubsanspruch geht es um den Anspruch auf Urlaubsgewährung im noch laufenden Arbeitsverhältnis. Hierfür gilt in erster Linie weder die 3-jährige Verjährungsfrist noch eine Ausschlussfrist, sondern die Regelung des § 7 Absatz 3 Bundesurlaubsgesetz. Danach verfällt der Urlaubsanspruch grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres. Der Urlaub für das Jahr 2022 beispielsweise kann also grundsätzlich nur bis zum 31.12.2022 genommen werden. Nur in besonderen Fällen kann der Urlaub bis zum 31.3. des Folgejahres übertragen werden.
Die Rechtsprechung hat aber in den letzten Jahren weitere wichtige Ausnahmen hinzugefügt: Zum einen verfällt der Urlaubsanspruch erst 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres, wenn der Mitarbeiter dauerhaft krank war und daher seinen Urlaub nicht nehmen konnte.
Zum anderen nimmt die Rechtsprechung den Arbeitgeber in die Verantwortung, indem sie ihm eine „Initiativpflicht“ auferlegt. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber konkret auf noch offenen Urlaub hinweisen muss, damit dieser bis zum Jahresende auch genommen wird. Bei einer Verletzung dieser Mitwirkungspflicht verfällt der Urlaub nicht.
Es könnte aber sein, dass bei einer Verletzung der o.g. Initiativpflicht am Ende dann doch noch die Verjährung greift und der Anspruch nicht „ewig“ fortbesteht, selbst wenn der erforderliche Hinweis niemals nachgeholt wird. Über diese Frage hat nun der EuGH zu entscheiden, weil das BAG ihm diese Frage in einem aktuellen Prozess vorgelegt hat (Az. 9 AZR 266/20).
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5. Welchen Einfluss hat ein Aufhebungsvertrag auf den Auszahlungsanspruch?
Nicht selten werden im Rahmen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Vereinbarungen getroffen wie zum Beispiel durch Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag. Unter einem Aufhebungsvertrag versteht man dabei einen Vertrag, durch den das Arbeitsverhältnis unmittelbar beendet wird. Bei einem Abwicklungsvertrag geht es hingegen darum, die Wirkungen einer bereits ausgesprochenen Kündigung einvernehmlich zu regeln.
Wenn eine Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag zur Urlaubsabgeltung nichts regelt, bleibt es bei der gesetzlichen Regelung, nämlich dass der bei Ende des Arbeitsverhältnisses offene Urlaub noch auszuzahlen ist.
Möglich und durchaus nicht unüblich ist aber auch, dass auf eine Auszahlung des Urlaubs verzichtet wird. Das ist jedenfalls dann möglich, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Wenn das Arbeitsverhältnis noch läuft, wird meistens eine Freistellung mit Urlaubsanrechnung vereinbart, so dass der Auszahlungsanspruch auf diese Weise erledigt wird.
Aufpassen sollte man auf jeden Fall, wenn der Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag eine allgemeine Ausgleichsklausel enthält, die in etwa lautet:
„Mit Abschluss der vorliegenden Vereinbarung sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien erledigt“
Dadurch kann je nach der sonstigen Vertragsgestaltung jedenfalls der Auszahlungsanspruch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfallen – obwohl man das vielleicht gar nicht so recht „auf dem Schirm“ hatte.
6. Urlaub bei Kündigung: Fazit
- Urlaubsabgeltung bei Arbeitsverhältnisende:
- Nicht genommener Urlaub wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten gemäß dem Bundesurlaubsgesetz.
- Resturlaubsanspruch wird automatisch in Auszahlungsanspruch umgewandelt.
- Arbeitgeber kann Urlaub freistellen:
- Der Arbeitgeber kann den Urlaub anrechnen und den Mitarbeiter ohne Antrag freistellen, sofern dies unwiderruflich erfolgt und die Vergütung zugesagt wird.
- Berechnung der Auszahlung:
- Auszahlung basiert auf dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn.
- Verjährung und Verfall:
- Der Auszahlungsanspruch kann verjähren oder verfallen, wobei eine Ausschlussfrist oft schon nach 3 Monaten greift.
- Urlaubsanspruch verfällt normalerweise am Jahresende, kann aber unter bestimmten Bedingungen bis zu 15 Monate später genommen werden.
- Einfluss von Aufhebungsverträgen:
- Bei Aufhebungsverträgen bleibt die gesetzliche Regelung zur Urlaubsabgeltung bestehen, es sei denn, eine Ausgleichsklausel schließt den Auszahlungsanspruch aus.
7. FAQ
Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses?
Gemäß dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) wird nicht genommener Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten. Das bedeutet, dass der restliche Urlaubsanspruch in einen Anspruch auf Auszahlung umgewandelt wird.
Kann der Arbeitgeber den Urlaub ohne Antrag des Mitarbeiters gewähren?
Ja, der Arbeitgeber kann den Urlaub auch ohne Antrag des Mitarbeiters gewähren und ihn gegebenenfalls bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freistellen. Dabei erfolgt die Urlaubsgewährung grundsätzlich durch den Arbeitgeber.
Wie wird die Höhe des Auszahlungsbetrags berechnet?
Die Berechnung der Urlaubsabgeltung erfolgt in der Regel auf Basis des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Es werden dabei außergewöhnliche Umstände wie Kurzarbeit oder Überstunden nicht berücksichtigt.
Wie lange ist der Auszahlungsanspruch gültig?
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterliegt einer Verjährungsfrist von 3 Jahren, wobei oft schon nach 3 Monaten eine Ausschlussfrist greift. Es ist daher ratsam, offene Ansprüche zeitnah geltend zu machen.
Welchen Einfluss haben Aufhebungsverträge auf den Auszahlungsanspruch?
Ein Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag kann den Auszahlungsanspruch regeln oder verzichten. Bei Vorliegen einer Ausgleichsklausel im Vertrag können Ansprüche erlöschen, daher sollte der Vertrag sorgfältig geprüft werden.
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