Gleiche Chancen für alle Mitarbeiter? Was Sie über die Ungleichbehandlung von Mitarbeitern wissen sollten
Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob es fair ist, dass ein Kollege bessere Arbeitsbedingungen hat oder mehr verdient als Sie, obwohl Sie ähnliche Aufgaben erledigen?
Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz kann frustrierend sein – aber ist sie immer unrechtmäßig?
In diesem Artikel erfahren Sie, wann eine Ungleichbehandlung erlaubt ist, wo klare Grenzen gezogen werden und wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können.
Finden Sie heraus, was der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bedeutet und was Sie tun können, wenn Sie sich benachteiligt fühlen.
Ein wichtiges Thema, das jeden Arbeitnehmer betrifft!
Übersicht
- Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und die Ungleichbehandlung von Mitarbeitern
- Wann liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor? – Die Voraussetzungen
- Wann ist die Ungleichbehandlung von Mitarbeitern erlaubt?
- Ist Lohndiskriminierung zulässig?
- Wie können Sie sich gegen eine Ungleichbehandlung wehren?
- Fazit
- FAQ
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und die Ungleichbehandlung von Mitarbeitern
Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet eine Diskriminierung durch den Arbeitgeber, d.h. eine Ungleichbehandlung bei im Wesentlichen gleichen Sachverhalten.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet zusätzlich die Diskriminierung aufgrund bestimmter Merkmale, nämlich Alter, Geschlecht, sexueller Identität, Behinderung oder Herkunft genauso wie Religion oder Weltanschauung und verschafft Beweiserleichterungen zur Durchsetzung von Ansprüchen. Es reicht dann zunächst aus, Indizien für eine Diskriminierung nachzweisen.
Jedem Menschen werden die gleichen Persönlichkeitsrechte eingeräumt. Ziel des AGG ist es, Ungleichbehandlungen nicht nur zu vermeiden, sondern im Bedarfsfall auch gerichtlich zu klären. Es gilt für alle Lebensbereiche und findet somit auch Anwendung in der Arbeitswelt.
Das heißt, Arbeitgeber sind grundsätzlich verpflichtet, ein benachteiligungsfreies Umfeld zu schaffen und alle Mitarbeiter im Hinblick auf die genannten Merkmale gleich zu behandeln.
Eine Ungleichbehandlung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber zwei oder mehr Mitarbeiter in vergleichbaren Positionen unterschiedlich behandelt, ohne dass ein nachvollziehbarer und rechtlich zulässiger Grund besteht. Beispiele sind:
- Lohndiskriminierung bzw. ungleiche Bezahlung, d.h. ein Mitarbeiter verdient bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit weniger als ein anderer
- Gewährung von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld für einzelne Mitarbeitergruppen
- Unterschiedliche Arbeitsbedingungen, d.h. wenn ein Mitarbeiter im Gegensatz zu seinen Kollegen eine flexible Arbeitszeitregelung erhält, ein anderer nicht, obwohl beide vergleichbare Umstände haben
- Ungleiche Regelungen wie individuelle Rauchverbote
Aber nicht jede Ungleichbehandlung ist per se verboten – entscheidend ist, ob dafür ein sachlicher Grund vorliegt.
Wann liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des AGG vor? – Die Voraussetzungen
Das AGG gilt für alle Lebensbereiche, so auch für den Bereich Arbeitsrecht bzw. Gleichbehandlung von Mitarbeitern. Mitarbeiter können sich dann auf einen Verstoß berufen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es besteht ein arbeitsvertraglich geregeltes Beschäftigungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
- Die ungleich behandelten Mitarbeiter sind in Bezug auf ihre Qualifikation oder ihren Verantwortungsbereich vergleichbar.
- Die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz hat keinen sachlichen Grund.
Sofern Sie sich als Mitarbeiter ungleich behandelt fühlen, können Sie Ihren Arbeitgeber auf den konkreten Fall hinweisen und Klärung verlangen.
Ihr Arbeitgeber ist nun gehalten, die Grundlagen für die vermeintliche Ungleichbehandlung aufzuzeigen und die entsprechenden Informationen an Sie weiterzugeben.
Wann ist die Ungleichbehandlung von Mitarbeitern erlaubt?
Eine Ungleichbehandlung ist erlaubt, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Ein sachlicher Grund kann zum Beispiel sein:
- Leistungsunterschiede: Mitarbeiter, die besonders gute Ergebnisse erzielen, können durch Prämien belohnt werden.
- Betriebliche Notwendigkeiten: Mitarbeiter mit speziellen Qualifikationen können andere Arbeitszeiten oder Gehalt erhalten.
- Befristungen oder Teilzeitarbeit: Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Arbeitsverträgen können unterschiedlich behandelt werden, wenn dies rechtlich abgesichert ist.
Entscheidend ist, dass der Grund objektiv nachvollziehbar ist und nicht auf diskriminierenden Kriterien wie Geschlecht, Alter, Herkunft oder Religion beruht.
Ob Sie wirklich von einer Ungleichbehandlung betroffen sind, sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht beurteilen.
Eingangs ein konstruktives Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber zu führen, steht Ihnen immer frei. Aber wie gut kennen wir Situationen, in denen man sich ungerecht behandelt fühlt, verärgert und enttäuscht ist und dadurch die notwendige Besonnenheit verliert?
Unsere Empfehlung: Lassen Sie sich nicht von Ihren Emotionen leiten, sondern suchen Sie das Gespräch mit uns als Fachexperten. Wir bewerten Ihren individuellen Fall nüchtern, aber mit Fachkenntnis.
Machen Sie nicht den Fehler, Ihr Arbeitsverhältnis durch ungerechtfertigte Anschuldigungen wegen Ungleichbehandlung negativ zu beeinflussen.
Rufen Sie mich an unter 0221 9730490 oder schreiben Sie mir eine Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
Ist Lohndiskriminierung zulässig?
Als Arbeitnehmer verhandeln Sie Ihre Vergütung individuell mit Ihrem Arbeitgeber – tarifvertragliche Regelungen außen vor. Diese Verhandlungsfreiheit wäre weniger wert, wenn grundsätzlich alle Arbeitnehmer gleich vergütet werden müssen.
Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber also Arbeitnehmer für gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnen.
Gleich zu behandeln sind alle Arbeitnehmer jedoch dann, wenn vergleichbare Arbeitnehmer Lohnerhöhungen oder Zusatzzahlungen in gleicher Höhe oder auf gleicher Berechnungsbasis erhalten.
Wie individuell die Fälle zu bewerten sind zeigen folgende Urteile:
Fall 1:
Ein Arbeitgeber erhöhte die Löhne für einen Teil seiner Mitarbeiter. Diejenigen Mitarbeiter, die in den Vorjahren eine Kürzung des Urlaubsgeldes abgelehnt hatten, schloss er aus. Ihnen wollte er die Lohnerhöhung nur dann zukommen lassen, wenn auch sie der Verschlechterung der Rahmenbedingungen zustimmen würden.
Ein betroffener Arbeitnehmer forderte die Lohnerhöhung gerichtlich ein.
Die Klage wurde vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen. Begründung: Es sei erkennbar, dass der Arbeitgeber mit der Lohnerhöhung die Einkommensverluste aus den Vorjahren ausgleichen wollte. Da der betreffende Arbeitnehmer von den damaligen Nachteilen nicht betroffen war, könne er keine entsprechende Lohnerhöhung beanspruchen. (Urteil v. 15.07.2009, Az.: 5 AZR 486/08)
Fall 2:
Ein Arbeitgeber wollte nur denjenigen Mitarbeitern eine einmalige Sonderzahlung gewähren, die einem Änderungsvertrag zugestimmt hatten, der eine unbezahlte Erhöhung der Wochenarbeitszeit und die Streichung von Freischichten vorsah. Zudem war ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis Voraussetzung.
Der betreffende Mitarbeiter stimmte dem Änderungsvertrag nicht zu, aber wollte seine Forderung nach einer Sonderzahlung durchsetzen. Das Bundesarbeitsgericht gab ihm recht.
Die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen dürfen durch den Arbeitgeber als Voraussetzung definiert werden. Da dieser allerdings auch den ungekündigten Arbeitsvertrag als Voraussetzung definierte, konnte man interpretieren, dass mit der Sonderzahlung auch vergangene und zukünftige Betriebstreue honoriert werden sollte. (Urteil v. 05.08.2009, Az.: 10 AZR 666/08)
Wie können Sie sich gegen eine Ungleichbehandlung wehren?
Gleichbehandlung bedeutet nicht, dass alle Mitarbeiter immer gleich behandelt werden müssen, sondern dass vergleichbare Situationen ohne sachlichen Grund nicht unterschiedlich bewertet werden dürfen. Es geht um Fairness, Chancengleichheit und Respekt – zentrale Werte für ein harmonisches Arbeitsumfeld.
Wenn Sie den Eindruck haben, ungleich behandelt zu werden, können Sie wie folgt vorgehen:
- Gespräch suchen: Sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten oder der Personalabteilung.
- Dokumentation: Halten Sie konkrete Fälle der Ungleichbehandlung schriftlich fest.
- Beschwerde: Sofern Sie sich nach Auskunft Ihres Arbeitgebers zum Sachverhalt ungleich behandelt sehen und entsprechende Beschwerde nach § 13 AGG eingelegt haben, muss Ihr Arbeitgeber Ihnen die zugrunde liegenden Entscheidungskriterien erläutern.
- Entschädigung und Schadensersatz: Ist das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber nicht zielführend bzw. können Sie die Argumente Ihres Arbeitgebers nicht nachvollziehen, steht es Ihnen frei, eine Entschädigung bzw. Schadensersatz als Rechtsfolge aus der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu verlangen bzw. gerichtlich einzufordern.
- Ihr Anspruch auf Schadenersatz besteht jedoch nur, wenn Ihr Arbeitgeber die Pflichtverletzung vorsätzlich oder fahrlässig zu vertreten hat.
- Rechtlichen Beistand einholen: Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihre Ansprüche prüfen und Sie unterstützen.
Achtung: Ihre Forderungen müssen Sie – sofern es sich um Ansprüche auf Basis des AGG handelt – gemäß § 15 AGG innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis schriftlich bei Ihrem Arbeitgeber geltend machen. Weigert sich dieser, steht es Ihnen frei, binnen drei Monaten ab der schriftlichen Geltendmachung Klage beim Arbeitsgericht einzureichen.
Fazit
- Ein Anspruch auf Gleichbehandlung kann je nach den Umständen grundsätzlich auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder auf die Regelungen des AGG mit besonderen Beweiserleichterungen gestützt werden.
- Ungleichbehandlung ist erlaubt, wenn sachliche Gründe wie Leistungsunterschiede, betriebliche Notwendigkeiten oder Vertragsunterschiede vorliegen
- Lohndiskriminierung, also unterschiedliche Vergütung für gleiche Arbeit ist dann erlaubt, wenn sachliche und nachvollziehbare Gründe bestehen
- Wenn Mitarbeiter sich ungleich behandelt fühlen, Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen, Fälle dokumentieren, Beschwerde einreichen, rechtlichen Beistand einholen
- Ansprüche im Rahmen des AGG müssen innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden, Klage ist innerhalb von drei Monaten ab Geltendmachung möglich
FAQ
Wann liegt eine unzulässige Ungleichbehandlung vor?
Ungleichbehandlung von Mitarbeitern liegt vor, wenn vergleichbare Mitarbeiter ohne sachlichen Grund z. B. bei Gehalt, Arbeitszeiten oder Sonderzahlungen unterschiedlich behandelt werden.
Ist Lohndiskriminierung immer verboten?
Nein, unterschiedliche Löhne sind erlaubt, wenn sie auf sachlichen Gründen wie Leistung, Qualifikation oder betrieblicher Notwendigkeit beruhen.
Was kann ich tun, wenn ich mich benachteiligt fühle?
Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber, dokumentieren Sie konkrete Fälle und legen Sie ggf. eine Beschwerde nach § 13 AGG ein.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Arbeitnehmer bei unzulässiger Ungleichbehandlung?
Sie können je nach den Umständen z.B. eine Entschädigung, Schadensersatz oder die Zahlung bestimmter Lohnbestandteile verlangen.
Welche Fristen gelten für Ansprüche?
Sie müssen bei Forderungen nach dem AGG Ihre Forderung innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis der Benachteiligung schriftlich geltend machen und können dann binnen drei Monaten ab Geltendmachung Klage beim Arbeitsgericht einreichen.
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