Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Die 5 top Antworten zum Thema
Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Mit Vertragsstrafen im Arbeitsvertrag kann der Arbeitnehmer verpflichtet werden, bei der Verletzung bestimmter Vertragspflichten eine Strafzahlung leisten zu müssen. Zwar sind solche Strafversprechen rechtlich grundsätzlich möglich, doch werden diese nicht immer in der richtigen Weise vereinbart.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Michael Tillmann erklärt in diesem Beitrag, was Vertragsstrafen überhaupt sind, wann diese rechtlich zulässig sind und gibt Beispiele, in welchen Fällen solche Vertragsstrafen typischer Weise vereinbart werden.
Übersicht:
- Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Was sind Vertragsstrafen?
- Welche Vertragsstrafen gibt es?
- Kann ich ein Arbeitsverhältnis schon vor Antritt kündigen?
- Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Welche Vereinbarung in einem Arbeitsvertrag verstößt gegen geltendes Recht?
- Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Wie kann ich sie umgehen?
- Fazit
- FAQ
1. Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Was sind Vertragsstrafen?
Arbeitsverträge enthalten Rechte und Pflichten, an die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer während und z.T. auch nach dem Arbeitsverhältnis halten müssen. Verstößt der Arbeitnehmer gegen solche Pflichten, weil er ständig zu spät kommt oder hinsichtlich der Arbeitszeit bewusst falsche Aufzeichnungen – Arbeitszeitbetrug – erstellt, dann kann das zur Abmahnung oder auch zur Kündigung führen.
Zusätzlich oder statt Abmahnung und Kündigung kann ein Arbeitsvertrag auch sog. Vertragsstrafeversprechen bzw. Regelungen enthalten, in welchen Fällen der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe zahlen muss. Dies ist nichts anderes als eine Strafzahlung für ein bestimmtes Verhalten, das der Arbeitgeber vermeiden möchte und dem er daher versucht vorzubeugen.
Dabei ist meist gleichgültig, ob dieses Verhalten “aus Versehen” – also fahrlässig – oder “mit Absicht” – also vorsätzlich – geschehen ist.
Der Arbeitgeber kann die Zahlung einer bestimmten Vertragsstrafe fordern, wenn der Arbeitnehmer entsprechend gehandelt hat. Die Höhe der Vertragsstrafe ist meist in den relativ allgemein gehaltenen Vertragsstrafeversprechen im Arbeitsvertrag aufgeführt.
Sinn und Zweck solcher Regelungen
Die Regelungen zur Vertragsstrafe erzeugen hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Regeln oder Pflichten bei dem Arbeitnehmer einen gewissen Druck. Verstößt er dagegen, muss er meist Strafzahlungen leisten, was die Einhaltung der Regeln aus der Sicht des Arbeitgebers fördern soll. Da die Strafzahlungen bis zu einem kompletten Monatsgehalt oder mehr betragen können, wird der Arbeitnehmer versuchen, sich peinlichst genau an die Regeln zu halten, um die Vertragsstrafe zu vermeiden.
Hat sich der Arbeitnehmer nicht an die Regelungen gehalten, und eine Strafzahlung ist fällig, dann bietet diese Zahlung dem Arbeitgeber eine schnelle und einfache Möglichkeit, für die Vertragsverletzung und seine möglichen Schäden einen Ausgleich zu erhalten. Alternativ würde dem Arbeitgeber nur die klageweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bleiben.
Da der Nachweis eventueller Schäden meist kaum oder gar nicht geführt werden kann, sind Vertragsstrafen oft die einzige Möglichkeit einer Kompensation.
Statt Vertragsstrafe – pauschaler Schadensersatz
Wenn keine Vertragsstrafen vereinbart sind, kann es dennoch Regelungen geben, die den Vertragsstrafeversprechen sehr ähnlich sind. Der Arbeitsvertrag kann Regelungen enthalten, wann der Arbeitnehmer einen pauschalen Schadensersatz oder Aufwendungsersatz leisten muss. Zumeist unterliegen solche Regelungen dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
Aus dem AGB-Recht entspringt aber der Gedanke, dass es dem Arbeitnehmer gestattet sein muss, bei solchen pauschalen Zahlungen auch den Nachweis zu erbringen, dass überhaupt kein Schaden oder keine Wertminderung entstanden ist oder diese viel niedriger liegt als die hierfür vereinbarte Pauschale.
2. Welche Vertragsstrafen gibt es?
Die Vertragsstrafeversprechen müssen als konkrete Regelungen in einem Arbeitsvertrag vorgesehen sein. Verstößt der Arbeitnehmer gegen eine Regelung, die im Arbeitsvertrag als strafbewehrt aufgeführt ist, hat er die konkret angedrohte Strafzahlung zu leisten.
Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Beispiele dafür sind:
- verspäteter Arbeitsbeginn bzw. wiederholtes oder häufiges Zuspätkommen
- Arbeitsbummelei
- Verstoß gegen Pflicht zu vertraglichen Nebentätigkeitsverboten bzw. der Genehmigung von Nebentätigkeiten durch den Arbeitgeber
- Nicht-Einhaltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
- Verstoß gegen Regelungen zur Verschwiegenheit im Hinblick auf Firmengeheimnisse
- Verstoß gegen Pflicht zur Herausgabe von Firmeneigentum oder Arbeitsmitteln
- Vertragswidrige Auflösung des Arbeitsvertrages z.B. durch Nichteinhaltung einer Kündigungsfrist
- Verstoß gegen Regelungen zur Krankmeldung
- verspätete Einreichung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
3. Kann ich ein Arbeitsverhältnis schon vor Antritt kündigen?
Außerdem können Vertragsstrafen fällig werden, wenn der Arbeitnehmer zwar seinen Arbeitsvertrag unterschrieben hat, zu seinem ersten Arbeitstag aber nicht erscheint und die Beschäftigung damit gar nicht erst aufnimmt.
Dabei ist wichtig zu beachten, dass Arbeitsverhältnisse grundsätzlich vor Beginn der Beschäftigung gekündigt werden können. Dabei muss allerdings die gesetzliche oder die vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten werden. Da meist eine Probezeit vereinbart worden ist, beträgt die Kündigungsfrist 2 Wochen.
Das heißt, wenn es bis zum Beginn der Beschäftigung, also dem ersten Arbeitstag, noch mehr als zwei Wochen sind, kann man unter Einhaltung der Kündigungsfrist in der Probezeit kündigen, auch wenn man seinen ersten Arbeitstag noch nicht absolviert hat.
Spezielle Regelungen im Arbeitsvertrag
Allerdings kann der Arbeitsvertrag spezielle Regelungen enthalten, die diesen Grundsatz ändern. Im Arbeitsvertrag kann geregelt sein, dass vor dem ersten Arbeitstag eine Kündigung nicht möglich ist. Dann kann die Kündigung erst mit dem ersten Arbeitstag ausgesprochen werden und man muss 2 Wochen seinen Dienst verrichten.
Vertragsstrafeversprechen können regeln, dass eine Vertragsstrafe dann fällig wird, wenn der Arbeitnehmer nicht zu seinem Dienst erscheint. Die Vertragsstrafe für solche Fälle muss in dem Arbeitsvertrag geregelt sein und beträgt meist bis zu einem Brutto-Monatsgehalt.
Solche Regelungen sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Wie alle Vertragsstrafeversprechen dürfen solche Regelungen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.
4. Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Welche Vereinbarung verstößt gegen geltendes Recht?
Arbeitnehmer und Arbeitgeber können in einem Arbeitsvertrag Regelungen zu Vertragsstrafen treffen. Solche Regelungen sind grundsätzlich zulässig. Allerdings sind diese Regelungen nur wirksam, wenn sie bestimmten Voraussetzungen entsprechen.
Zumeist werden Vertragsstrafeversprechen relativ pauschal und ohne Gestaltungsmöglichkeiten vereinbart. Wenn ein Unternehmen solche Regelungen verwendet, sind diese auch meist in allen Arbeitsverträgen in gleichem Wortlaut vorhanden.
Vertragsstrafeversprechen sind häufig AGB
Deshalb werden diese Regelungen oft als Allgemeine Geschäftsbedingungen – kurz AGB – qualifiziert. Die Vertragsstrafen gehören zum „Kleingedruckten“ des Arbeitsvertrages und meist wird hierüber weder verhandelt noch explizit gesprochen. AGB sind nach ihrer Definition vorformulierte Bedingungen; sie gelten für eine Vielzahl von Verträgen und sie werden von dem AGB-Verwender in seinem Interesse entworfen und dem Arbeitnehmer zur Unterschrift vorgelegt.
Da es sich um AGB handelt, kommt auch das AGB-Recht zur Anwendung. Nach den Regelungen des AGB-Rechts müssen diese Regelungen aber zumeist drei Voraussetzungen erfüllen:
- Sie müssen klar und verständlich sein.
- Sie dürfen nicht überraschend sein.
- Sie dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.
Verstoß gegen AGB-Recht
Eine Vertragsstrafe ist dann überraschend, wenn sie im Arbeitsvertrag z.B. kleiner gedruckt ist als der restliche Text des Arbeitsvertrags oder unter einer Überschrift vermerkt ist, die nicht zum Inhalt passt. Auch wenn sich die Regelungen im Arbeitsvertrag „verstecken“, z.B. in überlangen Passagen ohne Absätze, kann eine Klausel bereits unzulässig sein.
Mit klaren und verständlichen Formulierungen soll ermöglicht werden, dass der Arbeitnehmer sich auch an die Regelungen halten kann. Wird in Vertragsstrafen-Klauseln beispielsweise formuliert, dass der Arbeitnehmer dann Strafzahlungen leisten muss, wenn er „häufig“ oder „wiederholt“ zu spät zu seinem Dienst erscheint, sind diese Formulierungen zu unbestimmt. Was bedeutet häufig oder wiederholt?
Ebenso zu unbestimmt ist die Arbeitsbummelei oder „zu langsames Arbeiten“. Auch hier ist für den Arbeitnehmer nicht erkennbar, wann er die Strafzahlung zu leisten hat und wie er sich verhalten soll, um dies zu vermeiden. Und wann bummelt man oder arbeitet zu langsam?
Schließlich muss eine Strafzahlung auch angemessen sein bzw. den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Eine Vertragsstrafe ist angemessen, wenn der Zweck der Regelung und die Höhe der Vertragsstrafe in einem angemessenen Verhältnis stehen. Welches Verhältnis anzulegen ist, hängt vom Einzelfall und dem Interesse des Arbeitgebers an der Einhaltung der Regelung ab.
Bei Geheimhaltungspflichten oder einem Wettbewerbsverbot liegt das Interesse – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – deutlich höher, als bei einem „häufigen“ oder „wiederholten“ Zuspätkommen.
Unangemessen sind Vertragsstrafen, wenn der Arbeitgeber übersichert ist und die Vertragsstrafe zu hoch ausfällt, um das Interesse des Arbeitgebers zu rechtfertigen. Ein solcher Fall kann z.B. angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungsfrist beendet und hierfür eine Vertragsstrafe von einem Brutto-Monatsgehalt anfallen würde.
In einem solchen Fall ist durch die zweiwöchige Kündigungsfrist auch lediglich ein halbes Monatsgehalt Vertragsstrafe angemessen.
Bei Verstoß gegen geltendes Recht sind Regelungen nicht anwendbar
Verstößt die Vertragsstrafen-Regelung gegen eine der drei Voraussetzungen, so ist diese Vereinbarungen nicht mit dem geltenden Recht vereinbart und kommt folglich nicht zur Anwendung.
5. Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Wie kann ich sie umgehen?
Wird gegen den Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe verhängt bzw. soll durch sein Verhalten eine Vertragsstrafe fällig sein, lässt sich diese nur dann umgehen, wenn die Regelung rechtswidrig ist. Hier ist im Einzelfall zu klären, ob eine Regelung unklar, unverständlich, überraschend war oder die Höhe der Vertragsstrafe eventuell unangemessen hoch ist.
Hat man nach der Unterschrift für eine Arbeitsstelle ein besseres Angebot bekommen und möchte dies nun annehmen, kann man versuchen, eine Einigung mit dem ersten Arbeitgeber zu treffen. So könnte man eine vereinbarte Vertragsstrafe z.B. umgehen, indem man eine Vereinbarung trifft, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Beginn der Beschäftigung vorsieht.
Ob der Arbeitgeber hierzu allerdings bereit ist, muss man im Einzelfall sehen.
6. Fazit
- Vertragsstrafen: Sie verpflichten Arbeitnehmer zur Zahlung einer Strafe bei Verletzung bestimmter Pflichten im Arbeitsvertrag, z.B. Zuspätkommen oder Vertragsbruch.
- Zweck: Vertragsstrafen sollen Arbeitnehmer zur Einhaltung von Vertragsbedingungen motivieren und Arbeitgebern eine einfache Kompensation bei Verstößen ermöglichen.
- Pauschaler Schadensersatz: Alternative zu Vertragsstrafen, bei der Arbeitnehmer den Nachweis erbringen können, dass kein oder ein geringerer Schaden entstanden ist.
- Rechtliche Zulässigkeit: Vertragsstrafen müssen klar, verständlich und nicht unangemessen benachteiligend sein, sonst sind sie unwirksam.
- Umgehung: Vertragsstrafen können umgangen werden, wenn sie rechtswidrig sind oder durch eine Einigung mit dem Arbeitgeber.
7. FAQ
Wie hoch darf die Vertragsstrafe sein?
Die Höhe einer Vertragsstrafe kann in Deutschland je nach Vertragsart und individuellen Vereinbarungen variieren. Im Arbeitsrecht ist die Höhe der Vertragsstrafe gesetzlich begrenzt. Nach § 309 Nr. 6 BGB darf die Vertragsstrafe in Arbeitsverträgen ein Zehntel des Bruttomonatsgehalts nicht überschreiten. Diese Begrenzung soll sicherstellen, dass die Vertragsstrafe nicht unverhältnismäßig hoch ist und den Arbeitnehmer unzumutbar belastet.
Wichtig ist jedoch, dass die konkrete Höhe der Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag klar und eindeutig geregelt sein muss, um wirksam zu sein. Ansonsten kann die Klausel unwirksam sein. Die Parteien sollten daher bei der Vertragsgestaltung darauf achten, dass die zulässige Höchstgrenze nicht überschritten wird.
Wie hoch ist die Vertragsstrafe bei Kündigung?
Gemäß § 309 Nr. 6 BGB darf die Vertragsstrafe bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein Zehntel des Bruttomonatsgehalts nicht übersteigen. Diese gesetzliche Obergrenze dient dem Schutz des Arbeitnehmers und soll sicherstellen, dass die Vertragsstrafe nicht unverhältnismäßig hoch ist. Wichtig ist jedoch, dass die Höhe der Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag ausdrücklich und eindeutig festgelegt wird, um wirksam zu sein.
Wann sind Vertragsstrafen unwirksam?
Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen sind unwirksam, wenn sie unverhältnismäßig hoch sind und gegen das Transparenzgebot des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verstoßen. Die Vertragsstrafe darf die andere Vertragspartei nicht unangemessen benachteiligen. Zudem müssen Vertragsstrafen im Vertrag klar und eindeutig formuliert sein, da unklare Klauseln nicht durchsetzbar sind. Verstöße gegen zwingende Rechtsvorschriften, insbesondere des Arbeitsrechts und des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, können ebenfalls zur Unwirksamkeit führen.
Wie lange zahlt man Vertragsstrafe, trotz Kündigung?
Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe kann auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen bleiben, sofern dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde. Die Dauer, für die die Vertragsstrafe nach der Kündigung gezahlt werden muss, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen ab. In der Regel ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Nachwirkung einer Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag klar festgelegt sein muss, um wirksam zu sein.
Bildquellennachweis: Antonio Guillem | PantherMedia