Was passiert eigentlich mit unfairen Klauseln im Arbeitsvertrag?
Zur Klauselkontrolle im Arbeitsvertrag hat der Gesetzgeber einige Filter eingebaut, die einige Klauseln in einem neuen Arbeitsvertrag eventuell ungültig oder nur teilweise gültig machen.
In meinem neuen Erklärvideo erfahren Sie, worauf Sie achten müssen und warum die Klauselkontrolle bei einem neuen Arbeitsvertrag so wichtig ist!
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Für Arbeitnehmer stellen sich bei einem Betriebsübergang viele Fragen. Nicht wenige befürchten tiefgreifende Veränderungen. In diesem Beitrag erklären wir, ob und wann Sie mit einem neuen Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang rechnen müssen.
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Bei einem Betriebsübergang geht ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen neuen Inhaber über. Gemeint ist hier hierbei der Betrieb als „wirtschaftliche Einheit“.
Zu dieser wirtschaftlichen Einheit gehören z.B. Maschinen, Fuhrpark, Kundenstamm und – besonders wichtig – die Arbeitsverträge.
Aber Achtung: Viele Sachverhalte, die nach einem Betriebsübergang aussehen, sind in Wirklichkeit kein Betriebsübergang.
Beispiele:
Nicht jede Namensänderung ist auch schon ein Betriebsübergang. Bei einer reinen Umfirmierung ändert ein Unternehmen zwar seinen Namen, der Inhaber bleibt aber gleich. Umgekehrt kann ein Betriebsübergang sogar ohne Namensänderung erfolgen. Es kommt einzig und allein auf einen neuen Inhaber an.
Werden bloß die Anteile der Gesellschaft (z.B. GmbH) verkauft, bleibt der Arbeitgeber unverändert (nämlich die Gesellschaft). Es ergeben sich keine Besonderheiten hinsichtlich des Arbeitsvertrags. Auf welche Weise Ihr Arbeitgeber „verkauft“ wird oder wurde, erfahren Sie von Ihrem Anwalt.
Im Video erläutere ich es genau. Schauen Sie es sich an.
2. Wird der Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang neu vereinbart?
Nein, es bleibt der alte Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang erhalten und geht automatisch auf den neuen Arbeitgeber über. So bestimmt es § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Diese Vorschrift legt fest, dass bei einem Betriebsübergang der neue Betriebsinhaber „in die Rechte und Pflichten des bestehenden Arbeitsverhältnisses [eintritt]“.
Für den Arbeitnehmer ändert sich also nur der Vertragspartner. Er behält seinen alten Arbeitsvertrag und bekommt einen neuen Arbeitgeber. Dieser Übergang lässt sich auch nicht ausschließen.
Der Theorie nach können der alte oder neue Arbeitgeber diese Regelung auch nicht einfach umgehen, indem sie den Arbeitnehmer entlassen. Denn eine Kündigung wegen des Betriebsüberganges ist unwirksam (§ 613a Abs. 4 BGB).
Beispiel: Arbeitgeber A verkauft seinen Betrieb an B. Dieser möchte aus Prinzip lieber neue Arbeitnehmer einstellen und kündigt den bisher bei A tätigen Arbeitnehmern. Geht das?
Nein, Kündigungen anlässlich des Betriebsübergangs sind verboten. Wenn B den Betrieb des A kaufen möchte, muss er auch die Arbeitnehmer übernehmen.
Aber Vorsicht: Dieser Schutz ist in vielen Fällen nur schwach.
Eine Kündigung aus anderen Gründen als dem Betriebsübergang selbst ist weiterhin möglich (§ 613a Abs. 4 Satz 2). Das ist z.B. denkbar, wenn der Betrieb vor oder nach dem Übergang umstrukturiert wird. Dazu greifen Arbeitgeber etwa, um ihren Betrieb „verkaufsfähig“ zu machen oder die Arbeitsabläufe zwischen neuem und altem Betriebsteil zu harmonisieren.
Wann genau die betriebsbedingte Kündigung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang erlaubt ist, hängt allerdings sehr vom Einzelfall ab. Hier sind Sie auf den Rat eines erfahrenen Anwalts für Arbeitsrecht angewiesen.
Verhaltens- und personenbedingte Kündigung sind jedenfalls nicht eingeschränkt.
Beispiel: Arbeitnehmerin C kommt häufig zu spät zur Arbeit und wurde deshalb schon mehrfach abgemahnt. Will der Arbeitgeber ihr deshalb kündigen, steht der Betriebsübergang dem nicht im Wege.
3. Kann der Arbeitsvertrag vor dem Betriebsübergang geändert werden?
Auch im Arbeitsrecht gilt die Vertragsfreiheit: Jeder kann Verträge schließen und auch später wieder ändern, wenn er das möchte. Voraussetzung ist immer, dass auch der andere Vertragspartner der Änderung zustimmt. Eine einseitige Änderung ist nicht möglich.
Grundsätzlich kann auch ein Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang daher jederzeit geändert werden, sofern sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer einverstanden sind. Meist wird hierzu ein Änderungsvertrag unterschrieben. Das geht auch vor einem Betriebsübergang.
Etwas Anderes kann allerdings gelten, wenn der Änderungsvertrag als Bedingung für den Übergang des Arbeitsverhältnisses dargestellt wird.
Beispiel: Dem Arbeitnehmer wird vermittelt, dass er den Änderungsvertrag unterschreiben müsse, um überhaupt beim neuen Arbeitgeber anfangen zu dürfen.
Zudem sehen die Gerichte Vereinbarungen kritisch, die in bereits entstandene Rechte der Arbeitnehmer eingreifen.
Beispiel: Der bisherige Arbeitgeber und der Arbeitnehmer schließen einen Erlassvertrag. Er hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer auf ausstehendes Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie seine bisherigen Rentenanwartschaften verzichtet. Ausdrückliches Ziel ist es, „Klarheit“ hinsichtlich dieser Ansprüche für den Betriebsübergang zu schaffen (angelehnt an BAG 8 AZR 722/07).
Eine weitere Einschränkung kommt hinzu. Verträge, auch Änderungsverträge, dürfen nicht sittenwidrig sein. Andernfalls sind sie nichtig und binden die Vertragsparteien nicht. Wann genau ein Vertrag sittenwidrig ist, beurteilen Gerichte von Fall zu Fall anders.
Sittenwidrigkeit kann aber nicht nur zugunsten, sondern auch zuungunsten des Arbeitnehmers angenommen werden. Denn auch der Arbeitnehmer muss sich korrekt verhalten.
Beispiel: Arbeitnehmer A arbeitet für Firma B. Das Unternehmen soll bald auf Firma C übergehen. Kurz vorher schließen A und B einen Änderungsvertrag, nach dem A doppelt so viel Lohn wie bisher erhalten soll. A und B wissen, dass C später wegen des Betriebsüberganges an diesen Vertrag gebunden ist und dem A dauerhaft mehr Geld zahlen muss.
Ist diese Vereinbarung wirksam?
Nein, B hätte den Änderungsvertrag ohne den Betriebsübergang nie geschlossen. Er hat dies nur in der Gewissheit getan, dass er selbst den höheren Lohn nicht mehr zahlen muss. Die Kosten so auf den Neuinhaber „abzuwälzen“, kann aber unter Umständen sittenwidrig sein. Dann würde der alte Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang unverändert fortgelten.
Sollte in engem Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ein Änderungsvertrag geschlossen werden, lohnt sich also oft die Überprüfung durch einen erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht.
Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass die Rechtslage hier sehr unübersichtlich und dieser Beitrag nur einen ersten Eindruck verschaffen kann.
4. Kann der Arbeitsvertrag nach dem Betriebsübergang geändert werden?
Der Inhalt des Arbeitsvertrags ändert sich durch einen Betriebsübergang grundsätzlich nicht. Nach § 613a Abs. 1 S. 1 tritt der Neuinhaber in die „Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses“ ein.
Dies bedeutet, dass er die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen so übernimmt, wie sie bisher gegolten haben. Der Neuinhaber muss also die bisherigen Gehälter einschließlich der Sondervergütungen zahlen.
Beispiel: A arbeitet für B. Der Betrieb geht jetzt komplett auf Firma C über. C möchte dem A nun weniger Lohn zahlen, da das bei ihm so üblich sei. Geht das? Nein, denn C muss A weiterhin dessen alten Lohn zahlen.
Eine einseitige Änderung nur aufgrund des Betriebsübergangs ist nicht möglich.
Natürlich ist jedoch der Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang nicht in Stein gemeißelt. Neuinhaber und Arbeitnehmer können den Vertrag jederzeit in gegenseitigem Einverständnis ändern.
Das ist z.B. durch Abschluss eines neuen Vertrages oder eines Änderungsvertrages möglich. § 613a BGB verhindert diese Möglichkeit nicht.
Beispiel: Die von C gewollte Gehaltsreduzierung lässt sich durchsetzen, wenn A dem entsprechenden Änderungsvertrag zustimmt.
Auch nach dem Betriebsübergang haben die Gerichte in der Vergangenheit Vereinbarungen für unwirksam erklärt, die bereits entstandene Rechte erlöschen ließen (z.B. Rentenanwartschaften). Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die Frage letztlich offen gelassen (BAG, 5 AZR 1007/06).
In solchen Fällen lohnt sich daher der Rat eines Anwalts.
Beim Betriebsübergang kann es passieren, dass die übernommenen Arbeitnehmer über günstigere Arbeitsbedingungen verfügen als die bereits zuvor beim Neuinhaber beschäftigten Arbeitnehmer.
Das berechtigt den Neuinhaber aber nicht, die Arbeitsbedingungen einseitig unter Hinweis auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz anzupassen.
5. Gelten Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen fort?
Arbeitnehmer genießen durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen oft eine Vielzahl an Vergünstigungen. Diese sollen ihnen auch bei einem Betriebsübergang grundsätzlich erhalten bleiben.
Der Tarifvertrag gilt bei einem Betriebsübergang daher grundsätzlich weiter.
Im Einzelnen sind aber verschiedene Konstellationen zu unterscheiden (grobe Einteilung):
Der Neuinhaber unterliegt demselben Tarifvertrag wie das übergegangene Unternehmen. An der Geltung des Tarifvertrages ändert sich dann nichts.
Der Neuinhaber unterliegt einem anderen Tarifvertrag wie das übergegangene Unternehmen. Dann gilt für die übernommenen Arbeitnehmer der Tarifvertrag des Neuinhabers – jedoch nur, wenn sie Mitglied in einer Gewerkschaft sind, die diesen Tarifvertrag abgeschlossen hat.
Sind die Arbeitnehmer Mitglieder einer Gewerkschaft, die nur den bisherigen Tarifvertrag abgeschlossen hat, werden diese alten tarifvertraglichen Bestimmungen Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber kann dies erst nach einem Jahr ändern, § 613a Abs. 1 S. 2. Allerdings braucht er dazu eine stichhaltige Begründung im Rahmen einer Änderungskündigung. Keineswegs kann er die Änderung einfach “nach Lust und Laune” vornehmen.
Auch Betriebsvereinbarungen gelten nach § 613a Abs. 1 S. 2 fort. Das gilt nach Satz 3 aber nicht, wenn beim Neuinhaber bereits eine Betriebsvereinbarung zum selben Regelungsgegenstand besteht. Dann kann die alte Betriebsvereinbarung ersetzt werden.
Im Einzelfall können sich bei der Fortgeltung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen aber Besonderheiten ergeben. Arbeitnehmer sollten sich daher im Zweifelsfall an ihren Betriebsrat oder einen Anwalt wenden.
6. Fazit
Bei einem Betriebsübergang geht ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen neuen Inhaber über.
Arbeitnehmern darf wegen des Betriebsüberganges nicht gekündigt werden. Allerdings sind Kündigungen im zeitlichen Zusammenhang nicht ausgeschlossen.
Sowohl vor als auch nach einem Betriebsübergang können Arbeitsverträge grundsätzlich im Einvernehmen geändert werden. Es gelten allerdings Einschränkungen, insbesondere bei bereits erworbenen Ansprüchen.
Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten beim Betriebsübergang fort. Im Einzelfall können sie aber durch ähnliche Regelungen ersetzt werden.
FAQ zum Thema Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang
Wird der Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang automatisch durch einen neuen Vertrag ersetzt?
Bei Betriebsübergang bleibt der alte Arbeitsvertrag erhalten und geht automatisch auf den neuen Arbeitgeber über. Für den Arbeitnehmer ändert sich also nur der Vertragspartner. Er behält seinen alten Arbeitsvertrag und bekommt einen neuen Arbeitgeber.
Dieser Übergang lässt sich auch nicht ausschließen.
Kann bei Betriebsübergang ein neuer Arbeitsvertrag ausgestellt werden?
Grundsätzlich ist der Arbeitsvertrag bei Betriebsübergang nicht in Stein gemeißelt. Neuinhaber und Arbeitnehmer können den Vertrag jederzeit in gegenseitigem Einverständnis ändern.
Das ist z.B. durch Abschluss eines neuen Vertrages oder eines Änderungsvertrages möglich.
Ist ein Änderungsvertrag im Kontext des Betriebsübergangs möglich?
Ein Arbeitsvertrag kann jederzeit geändert werden, sofern sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer einverstanden sind. Meist wird hierzu ein Änderungsvertrag unterschrieben. Das geht auch vor einem Betriebsübergang.
Sollte in engem Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ein Änderungsvertrag geschlossen werden, lohnt sich also oft die Überprüfung durch einen erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht.
Kann der neue Arbeitgeber mich zwingen, einen neuen Vertrag zu unterschreiben?
Nein. Eine einseitige Änderung nur aufgrund des Betriebsübergangs ist nicht möglich.
Voraussetzung ist immer, dass auch Sie als Vertragspartner der Vertragsanpassung zustimmen und mit Ihrer Unterschrift bestätigen.
Bilderquellennachweis: matej kastelic | Panthermedia
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Sie haben als Arbeitnehmer eine Änderungskündigung erhalten? Dann sollten Sie diesen Beitrag lesen, um zu erfahren, was es mit einer Änderungskündigung auf sich hat und wie Sie reagieren können.
Sie haben eine „ganz normale“ Kündigung erhalten? Auch dann kann dieser Beitrag für Sie interessant sein. Denn es gibt eine Verknüpfung zwischen einer „normalen“ Beendigungskündigung und einer Änderungskündigung.
Alle wichtigen Informationen aus dem Beitrag erkläre ich Ihnen auch in meinem neuen Video:
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1. Die Änderungskündigung – ein Akt in zwei Teilen
Eine Änderungskündigung besteht aus zwei Bestandteilen, die im Namen auch schon erkennbar sind:
Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen
Es handelt sich also um eine Kündigung mit Änderungsangebot.
Dabei unterliegt die Kündigung allen formalen Anforderungen wie auch eine „normale“ Kündigung. Insbesondere muss die Schriftform eingehalten werden und die Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder aus dem Gesetz ergeben.
Der zweite Teil, das Angebot, muss so konkret sein, dass Sie als Arbeitnehmer nur noch „ja“ sagen müssten.
Beispiel: Unkonkretes Angebot
Ihr Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis mit der Begründung, Ihre Hausmeisterstelle sei gestrichen worden. Bei der Übergabe der Kündigung erklärt der Personalleiter, man könne sich aber vorstellen, Sie vielleicht als Reinigungskraft weiterzubeschäftigen. Er fragt, ob Sie denn daran Interesse hätten.
Dieses „Angebot“ ist völlig unkonkret. Es liegt somit keine Änderungskündigung, sondern eine „normale“ Beendigungskündigung vor mit der Folge, dass der Dienstgeber im Kündigungsschutzverfahren die Beendigung wird rechtfertigen müssen und nicht die bloße Änderung der Arbeitsbedingungen.
2. Wann braucht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung?
Wenn Ihr Arbeitgeber feststellt, dass er eine Maßnahme durchführen möchte, die nicht mehr vom Rahmen des Arbeitsvertrages gedeckt ist, kann er diese nicht im Rahmen seines Weisungsrechts, auch Direktionsrecht genannt, durchführen. Die Ausübung des Weisungsrechts ist für den Arbeitgeber deutlich einfacher als der Ausspruch einer Änderungskündigung.
Der Arbeitgeber muss keine Frist und keine besondere Form einhalten. Er muss auch keine besondere Begründung für seine Anweisung liefern, sondern sich lediglich im Rahmen des „pflichtgemäßen Ermessens“ halten.
Wann immer er kann, wird der Arbeitgeber daher auf das Weisungsrecht und nicht auf die Änderungskündigung zurückgreifen. Wenn das Weisungsrecht für die geplante Maßnahme aber nicht ausreichend ist, bleibt dem Arbeitgeber keine andere Wahl, als auf das Instrument der Änderungskündigung zurückzugreifen.
Mit der Änderungskündigung kann der Arbeitgeber zwar seinen Handlungsspielraum erweitern; er muss aber noch intensiver prüfen, ob die Maßnahme gerechtfertigt ist. Schließlich handelt es sich um eine Form der Kündigung.
3. Wie kann man als Arbeitnehmer auf eine Änderungskündigung reagieren?
Bei der Entscheidung, wie Sie auf eine Änderungskündigung reagieren, sollten Sie sich zunächst einmal vor Augen halten, dass es grundsätzlich immer zwei Möglichkeiten gibt, auf ein Angebot zu reagieren. Diese beiden Möglichkeiten haben Sie auch bei dem Änderungsangebot, das in einer Änderungskündigung steckt:
Annahme des Angebots
Ablehnung des Angebots
Wenn Sie das Angebot annehmen, läuft das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Konditionen weiter. Das gilt jedenfalls nach Ablauf der Kündigungsfrist. Bis dahin bleibt es auf jeden Fall bei den bisherigen Konditionen.
Wenn Sie das Angebot hingegen ablehnen und sonst nichts weiter tun, endet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist. Sie haben jedoch auch die Möglichkeit, gegen die Änderungskündigung zu klagen. Wenn Sie mit der Klage Erfolg haben, läuft das Arbeitsverhältnis auch nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den alten Bedingungen weiter.
Verlieren Sie hingegen den Prozess, ist das Arbeitsverhältnis beendet.
Wie Sie sehen, würde ein Prozess um die Änderungskündigung also eigentlich immer das Risiko bergen, ganz „rauszufliegen“ aus dem Arbeitsverhältnis. Wer ein solches Risiko scheut, müsste dann lieber gleich die geänderten – normalerweise schlechteren – Konditionen akzeptieren.
Allerdings hat der Gesetzgeber an dieser speziellen Stelle einen Eingriff in das Prozessrecht vorgenommen und Ihnen als Mitarbeiter sozusagen ein Rettungsnetz aufgespannt. Sie können daher die eigentlich gegensätzlichen Möglichkeiten kombinieren und sich ohne Risiko die bestmögliche Lösung sichern.
Dieses „Zaubermittel“ ist die Annahme unter Vorbehalt. Das bedeutet, dass Sie das Änderungsangebot annehmen – aber nur unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist. Diese Frage können Sie vom Arbeitsgericht in einem Prozess überprüfen lassen.
4. Das Arbeitsgericht prüft die Änderung formal und inhaltlich
Wenn Sie gegen eine Änderungskündigung klagen, hat das Arbeitsgericht die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu prüfen. Anders als bei einem Streit über eine Anweisung bzw. Versetzung, die an keine besondere Form gebunden ist und damit in formaler Hinsicht wenig Angriffsfläche bietet, kann eine Änderungskündigung durchaus schon an formalen Fehlern scheitern.
Eine Änderungskündigung ist eben zunächst einmal eine Kündigung. Es sind daher alle Formalitäten wie bei einer „normalen“ Kündigung, also einer Beendigungskündigung einzuhalten. Schon eine fehlende Unterschrift kann beispielsweise dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen sich nicht ändern.
Die Frage, ob die Änderung inhaltlich gerechtfertigt wäre, wird vom Gericht dann gar nicht mehr geprüft.
Wenn formal alles in Ordnung ist, hat das Arbeitsgericht zu prüfen, ob die Änderung inhaltlich gerechtfertigt ist. Dabei wird die Prüfung umso strenger ausfallen, je einscheidender die Maßnahme ist.
Geht es beispielsweise nur um eine Aufgabenänderung, hat der Dienstgeber größere Chancen, bei Gericht mit der Änderungskündigung durchzukommen, als wenn mit der Aufgabenänderung auch eine Herabstufung des Gehalts verbunden ist.
5. Die Änderungskündigung hat Vorrang vor der Beendigungskündigung
Wie bereits erwähnt gibt es eine Verknüpfung zwischen der Änderungskündigung und einer Beendigungskündigung. Der Arbeitgeber kann nämlich nicht nur, sondern er muss eine Änderungskündigung statt einer Beendigungskündigung aussprechen, wenn er die Möglichkeit dazu hat.
Wenn der Arbeitgeber Ihnen ein konkretes Angebot zur Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz hätte machen können, dies aber nicht getan hat, ist eine Beendigungskündigung schon allein aus diesem Grunde unwirksam. Dies nennt man den Vorrang der Änderungskündigung.
Dabei muss der Arbeitgeber insbesondere auch eine niedriger einzustufende Tätigkeit anbieten. Er kann sich dann regelmäßig nicht damit herausreden, dass Sie diese Tätigkeit ja ohnehin abgelehnt hätten. Die Entscheidung darüber muss der Arbeitgeber Ihnen überlassen.
Wenn Sie weitere Fragen zur Änderungskündigung oder zu anderen arbeitsrechtlichen Themen haben, stehe ich Ihnen zur Beratung und Vertretung gern zur Verfügung. Rufen Sie mich an unter +49 – 221 – 97 30 49 0 oder schreiben Sie mir eine E-Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
6. Fazit
Änderungskündigung im Überblick:
Besteht aus Kündigung und Angebot zur Weiterbeschäftigung unter geänderten Bedingungen.
Formale Anforderungen wie normale Kündigung: Schriftform, Kündigungsfrist.
Wann benötigt der Arbeitgeber eine Änderungskündigung?
Bei Maßnahmen außerhalb des Arbeitsvertragsrahmens, nicht durch Weisungsrecht gedeckt.
Reaktion des Arbeitnehmers auf Änderungskündigung:
Annahme: Fortsetzung unter geänderten Bedingungen nach Kündigungsfrist.
Ablehnung: Beendigung nach Kündigungsfrist.
Möglichkeit der Annahme unter Vorbehalt:
Annahme mit Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung, überprüfbar vor Arbeitsgericht.
Prüfung der Änderungskündigung durch Arbeitsgericht:
Formale und inhaltliche Prüfung.
Formale Einhaltung wie bei normaler Kündigung, inhaltliche Prüfung auf Sozialgerechtigkeit.
Vorrang der Änderungskündigung:
Arbeitgeber muss Änderungskündigung aussprechen, wenn möglich.
Konkretes Angebot für Weiterbeschäftigung auf anderem Arbeitsplatz erforderlich.
7. FAQ
Was ist eine Änderungskündigung?
Eine Änderungskündigung besteht aus zwei Teilen: der Kündigung des Arbeitsverhältnisses und dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Es handelt sich um eine Kündigung mit Änderungsangebot.
Wann braucht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung?
Der Arbeitgeber benötigt eine Änderungskündigung, wenn er eine Maßnahme durchführen möchte, die nicht mehr durch den Arbeitsvertrag abgedeckt ist und das Weisungsrecht nicht ausreicht. Die Änderungskündigung erweitert den Handlungsspielraum des Arbeitgebers, erfordert aber eine sorgfältige Prüfung der Rechtfertigung.
Wie kann ein Arbeitnehmer auf eine Änderungskündigung reagieren?
Der Arbeitnehmer kann das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter den geänderten Bedingungen annehmen oder ablehnen. Eine Ablehnung kann zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, während eine Annahme unter Vorbehalt ermöglicht, die Änderung rechtlich prüfen zu lassen.
Wie prüft das Arbeitsgericht eine Änderungskündigung?
Das Arbeitsgericht prüft sowohl formale als auch inhaltliche Aspekte der Änderungskündigung. Formale Fehler können die Wirksamkeit der Kündigung beeinträchtigen. Bei der inhaltlichen Prüfung wird untersucht, ob die Änderung gerechtfertigt ist. Diese Prüfung erfolgt strenger, je einschneidender die Änderung ist.
Hat die Änderungskündigung Vorrang vor der Beendigungskündigung?
Ja, der Arbeitgeber muss grundsätzlich eine Änderungskündigung aussprechen, wenn dies möglich ist und die Maßnahme nicht durch eine Beendigungskündigung abgedeckt werden kann. Der Vorrang der Änderungskündigung stellt sicher, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung unter geänderten Bedingungen hat.
Haben Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten? Im ersten Moment ist das ein ziemlicher Schock für jeden Arbeitnehmer. Wie Sie sich jetzt am besten verhalten, lesen Sie in diesem Beitrag zum Thema: Abmahnung Arbeitnehmer.
Die wichtigsten Informationen gibt es auch kurz und knapp erklärt im folgenden Video:
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Auch wenn es bei so manch einer Abmahnung vielleicht sehr schwerfällt, nicht gleich „vor Wut zu platzen“, sollten Sie auf keinen Fall spontan und aus dem Bauch heraus reagieren.
Es lohnt sich regelmäßig, seine Gefühle zunächst unter Kontrolle zu halten, um die eigene Position zu optimieren.
Nicht selten ist eine Abmahnung auch auf Arbeitgeberseite eine emotionale Angelegenheit. Wenn Sie entspannter bleiben als der Arbeitgeber, haben Sie oft schon den ersten Punktgewinn in der Auseinandersetzung gemacht.
Auf keinen Fall sollten Sie im Rahmen einer Abmahnung irgendetwas unterschreiben. Nicht selten versuchen Arbeitgeber, bei Übergabe der Abmahnung dem Arbeitnehmer sogleich ein schriftliches „Geständnis“ zu entlocken.
Dem sollten Sie sich konsequent entziehen.
2. Abmahnung Arbeitnehmer: Wie prüfe ich, ob sie korrekt ist?
In zwei Schritten:
nach Inhalt und
nach Form.
An eine Abmahnung gibt es sowohl inhaltliche als auch formale Anforderungen. Unter beiden Aspekten muss eine Abmahnung regelmäßig korrekt sein, um Wirkung entfalten zu können.
Wichtig ist natürlich, zunächst einmal für sich selbst Klarheit zu gewinnen, wie die Abmahnung zu bewerten ist, bevor man über weitere Schritte entscheidet.
3. Welche inhaltlichen Anforderungen müssen erfüllt sein?
Der Vorwurf muss zutreffend im Abmahnschreiben geschildert werden und rechtlich relevant sein.
Der Arbeitgeber muss den Vorwurf, den er erhebt, konkret und inhaltlich richtig darstellen. Unpräzise Formulierungen wie „Sie sind in den letzten Wochen mehrfach zu spät gekommen“ reichen nicht aus, selbst wenn sie einen wahren Sachverhalt beschreiben.
Ist ein Sachverhalt aber präzise beschrieben, muss er natürlich auch zutreffend sein. Wenn der Arbeitgeber von falschen Informationen ausgeht, ist der Abmahnung der Boden entzogen. Das gilt unabhängig davon, ob den Arbeitgeber irgendein Verschulden daran trifft, dass er einen falschen Sachverhalt unterstellt hat.
4. Welche formalen Anforderungen müssen erfüllt sein?
Die Abmahnung muss dem von der Rechtsprechung vorgegebenen Schema entsprechen und von einer zuständigen Person stammen.
Die Rechtsprechung gibt folgendes Schema für eine Abmahnung vor:
Rüge
Hinweis
Unter der Rüge versteht man die präzise Darstellung des Sachverhalts, die ausdrücklich mit einem Vorwurf an die Adresse des Arbeitnehmers verbunden sein muss, dass dieser gegen arbeitsrechtliche Pflichten verstoßen habe. Der Arbeitgeber kann sich nicht hinter den Vorwürfen von Kollegen „verstecken“. So ist z.B. eine Formulierung „Ihre Kollegin E. wirft Ihnen vor, sie sexuell belästigt zu haben“, nicht ausreichend.
Zusätzlich muss die Abmahnung im zweiten Teil einen Hinweis auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen enthalten. Üblich sind Formulierungen wie etwa „Falls Sie auch in Zukunft gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, müssen Sie mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen“. Die Kündigung muss aber nicht unbedingt erwähnt werden.
Die Androhung „arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ reicht aus.
Schließlich muss die Kündigung auch von einer zuständigen Person stammen. Das muss nicht unbedingt der Geschäftsführer oder der Personalleiter sein. Auch der Vorgesetzte kann – anders als bei einer Kündigung – das entsprechende Schreiben unterzeichnen. Ein Kollege, der in der Hierarchie nicht über dem betroffenen Arbeitnehmer steht, kann aber nicht Aussteller einer Abmahnung sein.
5. Was soll ich tun, wenn die Abmahnung inhaltlich und/oder formal fehlerhaft ist?
Möglicherweise nichts. Das klingt für Sie vermutlich überraschend. Es ergibt sich aber aus den prozessualen Regelungen und der Bedeutung der Abmahnung. Eine Abmahnung wird nämlich erst dann juristisch relevant, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht.
Dann kann es für die Wirksamkeit dieser Kündigung auf die Wirksamkeit der Abmahnung ankommen.
Im Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber sämtliche Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung nachweisen – einschließlich der Abmahnung, sofern diese nicht wegen der Schwere des Kündigungsgrundes entbehrlich ist.
Der Nachweis wird dem Arbeitgeber tendenziell umso schwerer fallen, je länger der Vorfall zurückliegt. Wenn er sich beispielsweise auf eine Zeugenaussage stützen möchte, wird die Erinnerung des Zeugen mit der Zeit immer mehr verblassen.
Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr, mit einem Vorgehen gegen die Abmahnung den Arbeitgeber auf Fehler hinzuweisen, die dieser dann möglicherweise in einer neuen Abmahnung korrigiert.
Eine praktikable Lösung kann sein, eine Gegendarstellung zu schreiben, ohne dabei allzu sehr ins Detail zu gehen. Dann zeigen Sie als Arbeitnehmer, dass Sie mit dem Vorwurf nicht einverstanden sind und können sich emotional ein bisschen „Luft machen“, ohne dass Sie den Arbeitgeber genau auf mögliche Fehler hinweisen.
6. Wann ist ein Vorgehen gegen eine Abmahnung ausnahmsweise sinnvoll?
Hauptsächlich in zwei verschiedenen Konstellationen.
Die erste Variante betrifft den Fall, dass dem Vorwurf ein offensichtliches Missverständnis zugrunde liegt. Wenn der Arbeitgeber erkennbar von einem falschen Sachverhalt ausgeht und mutmaßlich die Abmahnung sofort zurückzieht, wenn er seinen Irrtum bemerkt, dann sollten Sie den Arbeitgeber auf den Irrtum hinweisen. Solche Fälle dürften in der Praxis aber die absolute Ausnahme sein.
Die zweite Variante betrifft den Fall, dass der Arbeitgeber von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgeht und Sie die entsprechende Rechtsfrage für den künftigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses klären möchten – auch um den Preis, dass der Streit eventuell eskaliert und eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat.
Wenn der Arbeitgeber beispielsweise in einer Abmahnung rügt, dass Sie einer Anordnung von Überstunden nicht Folge geleistet haben, sie aber der Meinung sind, dass für die Anordnung von Überstunden gar keine Rechtsgrundlage vorhanden ist, kann es Sinn machen, dies in einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu klären.
Realistischerweise sollten Sie bei einer solchen Konstellation aber damit rechnen, dass das Arbeitsverhältnis atmosphärisch schwer belastet wird und eine Trennung – eventuell gegen Abfindung – die praktische Konsequenz eines solchen Vorgehens ist.
7. Was kann der Betriebsrat für mich tun?
Einiges – wenn er will. Im Betriebsverfassungsgesetz ist die Möglichkeit für Arbeitnehmer vorgesehen, sich beim Arbeitgeber bzw. bei einer eventuell eingerichteten Beschwerdestelle zu beschweren. Der Betriebsrat hat dann die Möglichkeit, Sie als Arbeitnehmer bei der Beschwerde zu unterstützen.
Der Betriebsrat kann sogar wegen der Beschwerde die so genannte Einigungsstelle anrufen. Dabei handelt es sich um ein für den Arbeitgeber ziemlich kostspieliges Verfahren, das hauptsächlich dann zum Einsatz kommt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat bei Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung nicht einigen können.
In der Praxis machen Betriebsräte allerdings von dieser speziellen Möglichkeit der Unterstützung einzelner Arbeitnehmer erfahrungsgemäß kaum Gebrauch.
8. Abmahnung Arbeitnehmer: Welche Schlüsse soll ich aus alldem ziehen?
Vor allem diese:
Im Ergebnis sollten Sie sich merken, dass bei einer Abmahnung unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten in Betracht kommen, die sorgfältig gegeneinander abgewogen werden sollten.
Dabei sollten sie als Arbeitnehmer im besten Falle strategisch in die Zukunft denken und – am besten mit fachanwaltlicher Unterstützung – einen „Schlachtplan“ entwickeln, der ggfls. auch schon eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Blick hat.
Wenn Sie weitere Fragen zur Abmahnung oder zu anderen arbeitsrechtlichen Themen haben, stehe ich Ihnen zur Beratung und Vertretung gern zur Verfügung. Rufen Sie mich an unter +49 – 221 – 97 30 49 0 oder schreiben Sie mir eine E-Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
9. Fazit
Nach einer Abmahnung Ruhe bewahren:
Emotionale Reaktionen vermeiden.
Nicht sofortiges Unterschreiben.
Prüfung der Abmahnung:
Inhaltliche und formale Aspekte berücksichtigen.
Vorwurf muss zutreffend und rechtlich relevant sein.
Formales Schema einhalten: Rüge, Hinweis.
Reaktion bei fehlerhafter Abmahnung:
Möglicherweise vorerst nichts tun, da Abmahnung erst bei Kündigung relevant wird.
Gefahr, Arbeitgeber auf Fehler hinzuweisen.
Ausnahmen für Vorgehen gegen Abmahnung:
Offensichtliches Missverständnis.
Klärung von rechtlichen Fragen trotz Eskalationsrisiko.
Rolle des Betriebsrats:
Kann unterstützen, aber selten genutzt in individuellen Beschwerdefällen.
Schlussfolgerungen für Arbeitnehmer:
Strategische Planung mit möglicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Blick, idealerweise mit fachanwaltlicher Unterstützung.
10. FAQ
Wie prüfe ich, ob eine Abmahnung korrekt ist?
Eine Abmahnung sollte sowohl inhaltlichen als auch formalen Anforderungen entsprechen. Prüfen Sie den Vorwurf auf seine Richtigkeit und stellen Sie sicher, dass die Abmahnung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Welche inhaltlichen Anforderungen müssen erfüllt sein?
Der Vorwurf muss konkret und rechtlich relevant sein. Unpräzise oder unzutreffende Behauptungen können die Wirksamkeit der Abmahnung infrage stellen.
Welche formalen Anforderungen müssen erfüllt sein?
Die Abmahnung muss bestimmten formalen Kriterien entsprechen, wie einer präzisen Darstellung des Vorwurfs und einem Hinweis auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen. Sie muss zudem von einer zuständigen Person stammen.
Was soll ich tun, wenn die Abmahnung inhaltlich und/oder formal fehlerhaft ist?
Unter Umständen nichts. Fehlerhafte Abmahnungen können erst im Rahmen einer Kündigung juristisch relevant werden. Es kann jedoch sinnvoll sein, eine Gegendarstellung zu verfassen, um den eigenen Standpunkt darzulegen.
Wann ist ein Vorgehen gegen eine Abmahnung sinnvoll?
Wenn offensichtliche Missverständnisse vorliegen oder rechtliche Fragen geklärt werden müssen, kann ein Vorgehen gegen die Abmahnung Sinn ergeben. Dies kann jedoch zu einer Eskalation des Konflikts und im schlimmsten Fall zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen.
Was kann der Betriebsrat für mich tun?
Der Betriebsrat kann Sie bei Beschwerden unterstützen und gegebenenfalls die Einigungsstelle anrufen. In der Praxis wird diese Möglichkeit jedoch selten genutzt.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben auf dem Arbeitsmarkt oft schlechtere Chancen. Umso wichtiger ist ein guter Kündigungsschutz.
Welchen Kündigungsschutz Schwerbehinderte haben und was man sonst noch zur Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer wissen sollte, erfahren Sie in diesem Beitrag.
1. Habe ich Sonderkündigungsschutz als Schwerbehinderter?
Schwerbehinderte Arbeitnehmer sind besonders schutzbedürftig. Um in den Genuss des sog. besonderen Kündigungsschutzes zu kommen, müssen Sie einige Anforderungen erfüllen.
Schwerbehinderung nachgewiesen
Sie müssen Ihre Schwerbehinderung im Zeitpunkt der Kündigung nachgewiesen haben. In aller Regel geschieht dies durch eine behördliche Feststellung.
Der festgestellte Grad der Behinderung (GdB) muss mindestens 50 betragen.
Auch wenn Sie keinen Nachweis der Behörde haben, genießen Sie trotzdem Sonderkündigungsschutz, wenn Ihre Schwerbehinderung offensichtlich ist. Einem Rollstuhlfahrer wird der Arbeitgeber beispielsweise kaum die Schwerbehinderung absprechen können.
Liegt der GdB zwischen 30 und 50, werden Sie einem Schwerbehinderten eventuell auf Antrag gleichgestellt. Davon ist auszugehen, wenn Sie trotz des geringeren GdB ähnliche Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden.
Der Arbeitgeber muss allerdings auch Kenntnis von der Schwerbehinderung bzw. der Gleichstellung haben oder diese jedenfalls zeitnah nach der Kündigung erhalten.
Mindestdauer überschritten
Ihr Arbeitsverhältnis muss bereits länger als sechs Monate ununterbrochen bestanden haben (§ 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB IX). Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, in dem Sie die Kündigung erhalten – unabhängig davon, welches Datum das Schreiben trägt.
In den ersten sechs Monaten der Beschäftigung sind hingegen auch schwerbehinderte Arbeitnehmer kaum vor Kündigungen geschützt.
Sonderregelung für ältere Arbeitnehmer
Sind Sie älter als 58 Jahre, sollten Sie der Kündigung unter Umständen widersprechen.
Denn: Wird Ihnen im Sozialplan eine Abfindung zugesprochen und informiert Ihr Arbeitgeber Sie im Vorhinein über die bevorstehende Kündigung, gilt für Sie kein besonderer Kündigungsschutz.
Das können Sie nur ändern, indem Sie Ihrer Entlassung im Vorhinein widersprechen! Der Arbeitgeber muss Sie zu diesem Zweck mindestens eine Woche vor der Kündigung informieren. Unter Umständen sind Ihnen sogar drei Wochen Bedenkzeit zu geben.
Widersprechen Sie rechtzeitig, gilt Ihr Sonderkündigungsschutz ohne Einschränkungen.
2. Wie sind Schwerbehinderte vor einer Kündigung geschützt?
Schwerbehinderte genießen unter den obigen Voraussetzungen Sonderkündigungsschutz. Wie genau Sie vor Kündigungen geschützt sind, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
Allgemeiner Kündigungsschutz
Am Anfang eine Bemerkung: Natürlich genießen Sie wie jeder andere Arbeitnehmer auch den allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Ihr Arbeitgeber kann Ihnen daher nur kündigen, wenn er einen Kündigungsgrund hat (§ 1 Abs. 2 KSchG). In Betracht kommen Kündigungen wegen Ihres Verhaltens, Ihrer Person oder betriebsbedingter Gründe.
Beispiele:
Möchte Ihr Arbeitgeber Sie wegen eines Fehlverhaltens kündigen, muss er zuvor in aller Regel eine Abmahnung aussprechen. Erst im Wiederholungsfall darf er dann kündigen.
Er darf auch nicht beliebig aus betrieblichen Gründen Stellen abbauen. Er muss mindestens ein schlüssiges und auf Dauer angelegtes Konzept vorlegen und auf sozial schutzwürdige Arbeitnehmer besondere Rücksicht nehmen.
Oft scheitert eine Kündigung an diesem allgemeinen Kündigungsschutz.
Zustimmung der Behörde
Genießen Sie als schwerbehinderter Arbeitnehmer darüber hinaus Sonderkündigungsschutz, muss das Integrationsamt Ihrer Kündigung vorher zustimmen. Ohne diese Zustimmung ist Ihre Kündigung unwirksam. Den Antrag auf Zustimmung muss Ihr Arbeitgeber stellen.
Im Rahmen des Verfahrens wird das Integrationsamt Sie zunächst anhören und die Stellungnahme Ihres Betriebs- oder Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung einholen. Nachdem die Behörde sich so einen Eindruck von Ihrer Lage verschafft hat, entscheidet sie über Ihre Kündigung.
Das Integrationsamt hat bei seiner Entscheidung einen weiten Spielraum. Lediglich ausnahmsweise, beispielsweise wenn für Sie bereits ein anderer angemessener Arbeitsplatz gesichert ist, soll das Integrationsamt seine Zustimmung gesetzlich erteilen (§ 172 SGB IX).
In den übrigen Fällen wägt die Behörde Ihr Interesse am Arbeitsplatz mit dem Interesse Ihres Arbeitgebers an der freien Gestaltung seines Betriebes ab und entscheidet nach freiem Ermessen. Dabei gilt:
Wird Ihnen gerade wegen Ihrer Schwerbehinderung gekündigt, wird die Zustimmung zu Ihrem Schutz häufig versagt werden.
Besteht hingegen kein Zusammenhang mit Ihrer Behinderung, ist eine Zustimmung wahrscheinlicher (z.B. bei betriebsbedingter Kündigung).
Anhörung Schwerbehindertenvertretung
Ihr Arbeitgeber muss außerdem die Schwerbehindertenvertretung informieren und vor Ihrer Kündigung anhören.
Hört Ihr Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht an, ist Ihre Kündigung unwirksam.
3. Wann ist eine Kündigung Schwerbehinderter wegen Krankheit möglich?
Arbeitnehmern kann grundsätzlich auch wegen Krankheit – auch im Zusammenhang mit einer Schwerbehinderung – gekündigt werden. Es handelt sich hierbei um einen personenbedingten Kündigungsgrund.
Einige Voraussetzungen müssen aber erfüllt sein:
Die Krankheit muss – jedenfalls bei häufigen Kurzerkrankungen – den Betrieb des Arbeitgebers beeinträchtigen. Das kann der Fall sein, wenn etwa betriebliche Abläufe wegen ausufernder Fehlzeiten gestört werden oder in erheblichem Umfang Entgeltfortzahlung zu leisten ist.
Ihre Fehlzeiten werden in Zukunft voraussichtlich ähnlich hoch sein („negative Prognose“). Ausschlaggebend sind allein künftige Fehlzeiten. Ihre Ausfälle in der Vergangenheit sind nur ein Indiz. Fehlen Sie z.B. bereits seit drei Jahren immer wieder, mag eine Kündigung grundsätzlich zwar in Betracht kommen. Kann aber z.B. ein Arzt bestätigen, dass Sie bald wieder genesen, wäre eine Kündigung voraussichtlich unwirksam.
Die Kündigung darf nur letztes Mittel sein. Regelmäßig wird Ihr Arbeitgeber beispielsweise zunächst ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen oder Sie auf einen besser geeigneten Arbeitsplatz – soweit möglich und zumutbar – versetzen müssen, um eine realistische Chance im Kündigungsschutzprozess zu haben.
4. Was gilt für eine Kündigung Schwerbehinderter im Kleinbetrieb und in der Probezeit?
In Kleinbetrieben mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern und in den ersten sechs Monaten Ihres Arbeitsverhältnisses genießen Sie keinen allgemeinen Kündigungsschutz. Ihr Arbeitgeber braucht daher keinen Kündigungsgrund.
Auch auf Ihren Sonderkündigungsschutz als Schwerbehinderter können Sie sich jedenfalls in den ersten sechs Monaten nicht berufen.
Nach Ablauf von sechs Monaten greift der Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte allerdings – auch im Kleinbetrieb!
5. Welche Kündigungsfrist gilt für schwerbehinderte Arbeitnehmer?
Eine Kündigung erfolgt grundsätzlich mit Frist. Nur in Ausnahmefällen ist eine fristlose Kündigung möglich.
Wie lang genau die Frist in Ihrem Fall ist, kann in § 622 BGB nachgelesen werden. Es gilt: Je länger das Arbeitsverhältnis bestand, desto länger die Kündigungsfrist. Bei schwerbehinderten Arbeitnehmern gilt zudem, dass die Kündigungsfrist immer mindestens vier Wochen beträgt (§ 169 SGB IX).
6. Ich wurde gekündigt – was soll ich tun?
Sie sehen: Schwerbehinderte genießen hohen Kündigungsschutz. Das wissen grundsätzlich auch die Arbeitgeber – und kündigen oft trotzdem.
Sie sollten sich bei einer Kündigung daher unbedingt anwaltlich beraten lassen und Ihren Arbeitsplatz nicht leichtfertig aufgeben. Zusammen mit Ihrem Anwalt können Sie prüfen, ob Ihre Kündigung rechtswidrig ist. Aber Achtung: Sie müssen sich beeilen! Eine Kündigung muss innerhalb von drei Wochen durch Klage angegriffen werden.
Sie sollten ggf. auch gegen die Zustimmung des Integrationsamts vorgehen. Fallen Ihnen Fehler erst später auf, lässt sich der Bescheid nicht mehr angreifen.
Haben Sie noch Fragen zur Kündigung bei Schwerbehinderung oder wurden Sie gekündigt? Wir helfen Ihnen! Rufen Sie uns an unter +49 – 221 – 97 30 49 0 oder schreiben Sie uns eine Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
7. FAQ zum Thema Kündigung Schwerbehinderter
Kann man Mitarbeiter mit Schwerbehinderung kündigen?
Mitarbeiter mit Schwerbehinderung dürfen nicht ohne Weiteres gekündigt werden. Der besondere Kündigungsschutz gemäß § 85 SGB IX schützt sie vor betriebsbedingten und personenbedingten Kündigungen.
Eine solche Kündigung ist nur bei Vorliegen eines „besonderen betrieblichen Erfordernisses“ möglich. Hierbei müssen strenge rechtliche Vorgaben beachtet werden, wie die Zustimmung des Integrationsamtes.
Die Kündigung kann unwirksam sein, wenn die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt sind, und ggf. zur Schadensersatzpflicht führen.
Wann darf ein Mitarbeiter mit Behinderung gekündigt werden?
Wenn ein besonderes betriebliches Erfordernis vorliegt und die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt zustimmen. Die Kündigung muss verhältnismäßig sein und die Belange der betroffenen Person angemessen berücksichtigen. Zudem sind die gesetzlichen Schutzbestimmungen zu beachten, um eine mögliche Unwirksamkeit und Schadensersatzpflicht zu vermeiden.
Ist man bei 50% Schwerbehinderung unkündbar?
Eine Schwerbehinderung von 50% führt allein nicht zur Unkündbarkeit. Der Grad der Schwerbehinderung ist ein Faktor, der für den Kündigungsschutz berücksichtigt wird, aber es sind weitere Voraussetzungen zu erfüllen.
Ein umfassender Schutz besteht ab einem Grad der Behinderung von 50, wenn die Kündigung aufgrund der Behinderung erfolgen soll. Allerdings muss auch hier ein „besonderes betriebliches Erfordernis“ vorliegen, und es ist die Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung und des Integrationsamtes erforderlich.
Es gibt also keinen generellen Unkündbarkeitsschutz allein aufgrund eines Schwerbehindertengrades von 50%.
In welchen Fällen stimmt das Integrationsamt einer Kündigung zu?
Das Integrationsamt stimmt einer Kündigung von Mitarbeitern mit Schwerbehinderung zu, wenn diese aufgrund eines „besonderen betrieblichen Erfordernisses“ erfolgt. Dieses Erfordernis kann auf betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen basieren.
Das Integrationsamt prüft dabei, ob die Kündigung angemessen und verhältnismäßig ist. Es berücksichtigt die Interessen der betroffenen Person und des Arbeitgebers. Das Amt achtet darauf, ob andere mildere Mittel zur Konfliktlösung möglich sind und ob die Schwerbehindertenvertretung einbezogen wurde.
Ein fehlendes oder negatives Votum des Integrationsamtes kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
Vielleicht kennen Sie den Spruch „Wo nichts zu holen ist, hat der Kaiser sein Recht verloren“ oder auch den Spruch „Man kann einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen“.
Es nützt einem der beste Anspruch nichts, wenn man ihn nicht durchsetzen kann.
Das gilt vor allem auch für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers. Mit der Abfindung wird es dann zumindest schwierig. Wie Sie sich als Arbeitnehmer unter solch ungünstigen Umständen am besten Verhalten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Achten Sie rechtzeitig auf Signale einer „Schieflage“
Wie in den meisten Lebenssituationen gilt auch hier: Vorbeugen ist besser als heilen. Je früher Sie eine mögliche Gefahr erkennen, desto besser können Sie sie in den Griff bekommen.
Fragen zur Abfindung bei einer Insolvenz? Rufen Sie mich an unter 0221 9730490 oder schreiben Sie mir eine Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
Eine Insolvenz des Arbeitsgebers kommt meist nicht „aus heiterem Himmel“. Oft gibt es verschiedene Anzeichen im Vorfeld für einer wirtschaftliche Schieflage wie starke Änderungen am einschlägigen Markt, Streit in der Geschäftsführung oder entsprechende Äußerungen der mittleren Führungsebene über den „Flurfunk“.
Kompliziert wird die Sache dadurch, dass Arbeitgeber in Gesprächen und Verhandlungen über Lohn und/oder Abfindung gern mit Insolvenz drohen. Es ist dann nicht immer leicht zu erkennen, wo die Wahrheit endet oder zumindest verzerrt dargestellt wird und etwaige finanzielle Probleme zielgerichtet aufgebauscht werden.
Wer in einer solchen Situation eine zuverlässige Informationsquelle im Unternehmen hat, ist klar im Vorteil. Er kann dann die Lage realistischer einschätzen. Die Kunst besteht darin, einerseits rechtzeitig den Absprung zu schaffen, aber andererseits nicht zu früh panikartig von Bord zu gehen, ohne Verhandlungsspielräume ausgereizt zu haben.
Auf eine Abfindung besteht regelmäßig kein Anspruch
Das Problem ist, dass man nicht einfach „seine“ Abfindung nehmen und gehen kann, wenn man den richtigen Zeitpunkt für den Absprung für gekommen hält. Es gibt nämlich generell keinen Anspruch auf Abfindung.
Die bekannte Formel von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr stellt nur einen unverbindlichen Rechenansatz dar. Ein Abfindungsanspruch lässt sich daraus nicht ableiten.
Diese Erkenntnis ist besonders bitter, wenn man auf eine lange Betriebszugehörigkeit zurückblicken kann und somit nach der genannten Formel auf eine ziemlich hohe Abfindung käme.
In der Konsequenz bedeutet das, dass der Arbeitgeber den ersten Schritt machen und eine Kündigung aussprechen bzw. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung anbieten muss.
Das geschieht paradoxerweise manchmal, wenn Mitarbeiter sich weigern, Gehaltskürzungen zu akzeptieren, die ein Arbeitgeber in der Krise vereinbaren möchte.
Es kommt also darauf an, den Arbeitgeber irgendwie zum Handeln zu bewegen. Die Möglichkeiten hierzu sind im Einzelfall zu prüfen.
Das Arbeitsrecht wird in der Insolvenz nicht einfach außer Kraft gesetzt
Auch wenn es nicht einfach ist, mit dem Arbeitgeber über eine Abfindung ins Gespräch zu kommen, kann einem als Arbeitnehmer aber immerhin die Tatsache zu Hilfe kommen, dass der Arbeitgeber mit der Insolvenz nicht einfach das Arbeitsrecht und insbesondere den Kündigungsschutz abstreifen kann.
Das ist wichtig, denn der Kündigungsschutz ist der entscheidende Hebel für Abfindungsverhandlungen. Wenn der Arbeitgeber problemlos wirksam kündigen kann, braucht er keine Abfindung anzubieten. Der Kündigungsschutz gilt aber auch in der Insolvenz weiter.
Allerdings braucht der Insolvenzverwalter nur eine Kündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Das ist natürlich schmerzhaft für Arbeitnehmer, deren Kündigungsfrist wegen langer Betriebszugehörigkeit oder durch vertragliche Vereinbarung eigentlich deutlich länger wäre.
Ansprüche vor und nach der Insolvenzeröffnung – ein entscheidender Unterschied
Die Insolvenzeröffnung ist ein entscheidendes Datum für die Beurteilung der Frage, ob Ansprüche realistischerweise durchgesetzt werden können – oder ob sie eigentlich nur auf dem Papier existieren.
Lohnansprüche, die vor Insolvenzeröffnung entstanden sind, sind einfache Insolvenzansprüche. Das bedeutet, sie sind zur Insolvenztabelle anzumelden und werden am Ende in Höhe der allgemeinen Quote befriedigt. In der Praxis bedeutet das regelmäßig, dass man so gut wie kein Geld bekommt.
Lohnansprüche, die nach Insolvenzeröffnung entstehen, sind hingegen so genannte Masseforderungen. Das bedeutet, dass diese Forderungen vorab vor Befriedigung der „normalen“ Gläubiger vom Insolvenzverwalter zu erfüllen sind. Als Arbeitnehmer kann man daher regelmäßig damit rechnen, in dieser Konstellation tatsächlich seinen Lohn zu erhalten.
Einen Trost gibt es aber auch vor Insolvenzeröffnung: Der Gesetzgeber springt für die Ausfälle beim Lohn vor Insolvenzeröffnung mit dem Insolvenzgeld ein. Der Arbeitnehmer erhält mit dem staatlichen Insolvenzgeld eine Lohnersatzleistung für die letzten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses vor Insolvenzeröffnung.
Entsprechendes gilt auch, wenn die Insolvenz nicht eröffnet wird, weil die Insolvenzmasse nicht zur Deckung der Verfahrenskosten ausreicht. In diesem Fall wird statt der Insolvenzeröffnung die Masseunzulänglichkeit erklärt. Diese Erklärung steht bezüglich des Insolvenzgeldes dann der Insolvenzeröffnung gleich.
Somit gibt es in diesem Falle Insolvenzgeld für letzten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses vor der Feststellung der Masseunzulänglichkeit.
Die Abfindung sollte unbedingt gesichert werden
Wenn es trotz der geschilderten Schwierigkeiten gelungen ist, eine Abfindung auszuhandeln, sollte diese unbedingt abgesichert werden. Dabei kommt es ähnlich wie beim Lohn entscheidend auf den Zeitpunkt an – in diesem Fall auf den Zeitpunkt der Vereinbarung über die Abfindung:
Wenn ein Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag oder ein gerichtlicher Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Abfindung vor Insolvenzeröffnung geschlossen wird, sollte dieser an die tatsächliche Auszahlung der Abfindungssumme gekoppelt werden.
Denn wenn die Abfindung zur Insolvenzforderung wird, wird man sie praktisch davon kaum einen Euro sehen. Gleichzeitig ist aber das Arbeitsverhältnis beendet. Man steht dann also praktisch mit leeren Händen da.
Wenn eine Abfindung hingegen nach Insolvenzeröffnung mit dem Insolvenzverwalter vereinbart wird, muss dieser für die Zahlung geradestehen. Man kann also realistischerweise damit rechnen, das Geld auch wirklich zu bekommen.
Sicherheitshalber kann man dabei in der Vereinbarung auch noch einmal ausdrücklich festhalten, dass es sich um eine Masseforderung handelt und der Insolvenzverwalter für die Forderung einsteht.
Insolvenz muss nicht zwingend das Ende des Arbeitgebers sein
In Verhandlungen ist es immer gut, wenn man nicht von vornherein auf eine bestimmte Lösung festgelegt ist. Das gilt auch bei Abfindungsverhandlungen in der Insolvenz. Manchmal kann sich noch ein alternatives Szenario auftun:
Mit dem Begriff der Insolvenz verbindet man gewöhnlich die „Pleite“ und das Ende des Unternehmens. Für den Gesetzgeber ist dieser Zusammenhang aber nicht zwingend. Und tatsächlich wird auch in der Praxis gelegentlich die Insolvenz zur Sanierung genutzt. Mit anderen Worten: die Insolvenz ist in diesem Fall nur ein Durchgangsstadium.
Das gilt insbesondere für die so genannte Insolvenz in Eigenverwaltung, die das Insolvenzgericht unter bestimmten Voraussetzungen anordnen kann.
Wenn sich abzeichnet, dass eine Insolvenz des Arbeitgebers nur ein Durchgangsstadium ist und der Arbeitgeber voraussichtlich aus der Insolvenz wieder „herauskommt“, kann es sich lohnen, statt einer Abfindung eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anzustreben.
Das gilt allerdings nur für den Fall, dass eine betriebsbedingte Kündigung voraussichtlich unwirksam ist oder gar nicht ausgesprochen wurde.
Selbstverständlich stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite – rufen Sie mich einfach an unter 0221 9730490 oder schreiben Sie mir eine E-Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
FAQ zum Thema
Wie hoch ist eine Abfindung bei Insolvenz des Arbeitgebers?
Die Höhe der Abfindung bei Insolvenz hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers, dem Alter des Arbeitnehmers und der Größe des Unternehmens.
Die Abfindung beträgt in der Regel ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Ein Abfindungsanspruch lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. In der Praxis ist die genaue Höhe der Abfindung oft Verhandlungssache.
Ist ein Arbeitgeber verpflichtet bei Insolvenz eine Abfindung zu zahlen?
Grundsätzlich besteht bei der Insolvenz des Arbeitgebers ein Anspruch auf eine Abfindung gemäß § 113 InsO, wenn der Arbeitgeber den Betrieb stilllegt oder die Entlassung des Arbeitnehmers aus betriebsbedingten Gründen erfolgt.
Es kann jedoch Ausnahmen geben, beispielsweise wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist oder der Arbeitnehmer selbst kündigt. Zudem kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber nicht über die nötige Insolvenzmasse verfügt, um Abfindungen zu zahlen.
Wie kann ich als Arbeitnehmer meine Abfindung bei Insolvenz des Arbeitgebers sichern?
Als Arbeitnehmer gibt es mehrere Möglichkeiten, um eine Abfindung bei Insolvenz des Arbeitgebers abzusichern. Schlagworte sind hier: Sozialplan, Gewerkschaft und Betriebsrat.
Besonders zu empfehlen ist hier aber die Beratung durch einen Anwalt, der sich auf das Arbeitsrecht spezialisiert hat. Dieser kann die individuelle Situation des Arbeitnehmers prüfen und bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber behilflich sein, um eine angemessene Abfindung zu sichern.
Das Thema Betriebsstilllegung wird in der kommenden Zeit zunehmend an Bedeutung gewinnen. Viele Unternehmen sind in Folge der Corona-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet.
Doch auch in diesem Fall kommt es auf die Details an – nicht immer ist eine betriebsbedingte Kündigung rechtmäßig.
Sobald die Geschäftsleitung die Stilllegung oder Schließung eines Unternehmens oder auch von Unternehmensteilen ankündigt, ist der Schock für die Beschäftigten groß: Ihre finanzielle Sicherheit wird bedroht, die berufliche Karriere in Frage gestellt.
Behalten Sie bitte zunächst einen kühlen Kopf und schalten Sie einen Anwalt ein – es lohnt sich, die Details der geplanten Betriebsstilllegung genau unter die Lupe zu nehmen.
In diesem Beitrag haben wir alles, was Sie jetzt wissen müssen, gesammelt. Jetzt einfach anhören als Podcast:
Grundsätzliches zur Betriebsstilllegung – ein Überblick
Beabsichtigt ein Arbeitgeber, sein Unternehmen zu schließen, muss er mit der Kündigung seiner Beschäftigten nicht zwingend bis zum Schließungstermin warten.
Vielmehr ist es legitim, bereits im Vorfeld zum geplanten Schließungszeitpunkt eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen. Der Arbeitgeber muss ja noch die Kündigungsfrist einkalkulieren. Allerdings kommt es dann darauf an, dass das Vorhaben der Stilllegung bei Ausspruch der Kündigung schon konkrete Formen angenommen hat.
Was heißt das nun genau? Es muss der Rechtsprechung nach klar zu erwarten sein, dass die Betriebsschließung zum Kündigungszeitpunkt auch wirklich realisiert wird.
Dieser Punkt ist wichtig für den Arbeitgeber, um rechtswirksam kündigen zu können. So muss eine GmbH beispielsweise regelmäßig den entsprechenden Beschluss im Rahmen einer Gesellschafterversammlung gefasst haben – erst dann kann sie eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen.
Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht – fühlen Sie dem Arbeitgeber auf den Zahn
Wie ernst ist es dem Arbeitgeber mit der Absicht, den Betrieb stillzulegen? In der arbeitsrechtlichen Beratung gehen wir an der Stelle gemeinsam mit Ihnen streng systematisch vor und nehmen zunächst die konkreten Gegebenheiten genau unter die Lupe. Hier eröffnen sich immer wieder Ansatzpunkte, eine betriebsbedingte Kündigung zu Fall zu bringen.
Beispiele für mögliche Anfechtungsgründe
Führt das Unternehmen zum Beispiel noch ernstzunehmende Verhandlungen mit Interessenten, die den Betrieb erwerben wollen, kann von einer ernsthaften Stilllegungsabsicht nicht die Rede sein – und damit liegt auch kein Kündigungsgrund vor.
Auch eine bloße Betriebsunterbrechung gilt nicht als Kündigungsgrund. Eine solche liegt vor, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung bereits feststeht, dass der Betrieb zwar zunächst schließt, aber zu einem bestimmten Termin wiedereröffnet. Betriebsstilllegung bedeutet nämlich, dass der Betrieb auf unbestimmte Zeit geschlossen wird.
Sollte jedoch ein neuer Inhaber den Betrieb übernehmen und der Arbeitgeber führt ihn lediglich nicht weiter, dann liegt darin ein Betriebsübergang. Auch ein solcher Betriebsübergang rechtfertigt keine betriebsbedingte Kündigung, selbst wenn der neue Inhaber die Mitarbeiter gar nicht übernehmen will.
Sollte Ihr Unternehmen mehrere Betriebe oder Standorte umfassen und nur einer davon geschlossen werden oder zumindest ein Betrieb oder Standort noch übrig bleiben, kommt es auf die konkrete Situation an: Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, sofern eine weitere Beschäftigung der betroffenen Mitarbeiter in den verbleibenden Betrieben möglich ist.
Auch bei der Schließung einer Betriebsabteilung gelten strenge Regeln: Die betriebsbedingte Kündigung kann nur zulässig sein, wenn der jeweilige Arbeitsplatz komplett wegfällt. Sobald jedoch man die Arbeiten auf andere Abteilungen verteilt, müssen dort auch die relevanten Mitarbeiter weiter beschäftigt werden. Einzelne Kündigungen können allerdings rechtmäßig sein, wenn
nach der Verlagerung weniger Arbeitsplätze in den anderen Abteilungen entstehen, als ursprünglich vorhanden waren, oder
die Qualität der verlagerten Arbeitsplätze nun eine ganz andere ist, sodass die betroffenen Mitarbeiter diese nicht mehr aufrecht halten können – beispielsweise nach Einführung neuer Technologien.
Am Ende muss der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig noch eine Sozialauswahl durchführen. Auch an dieser Stelle kann man eine Kündigung noch zu Fall bringen.
Der Betriebsrat redet mit – das kann sich für Sie auszahlen
Bevor ein Arbeitgeber eine Kündigung wegen der Stilllegung des Betriebes oder eines Betriebsteiles ausspricht, muss er in jedem Fall den Betriebsrat anhören.
Sobald das Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, kommen darüber hinaus die Mitbestimmungsrechte, die dem Betriebsrat bei sogenannten Betriebsänderungen zustehen, zum Tragen.
Hier geht es beispielsweise um den Interessenausgleich und die Umsetzung eines Sozialplanes. Das kann sich für Sie teilweise in barer Münze auszahlen. Und falls der Arbeitgeber den Betriebsrat übergehen sollte, können Sie ggfs. einen sogenannten Nachteilsausgleich geltend machen.
Noch ein wichtiger Hinweis: Sollte Ihr Arbeitgeber Ihnen gekündigt haben und danach seine Pläne ändern, also das Unternehmen doch noch weiterführen, dann kann man daraus ein Wiedereinstellungsanspruch ableiten. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der Planänderung, Ihre Kündigungsfrist sollte noch nicht abgelaufen sein.
Genau hinsehen lohnt sich – um Ihre Rechte konsequent zu wahren
Es sind also viele Fragen zu beantworten, bevor sich Ihre rechtliche Situation konkret einschätzen lässt. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich von Anfang an eines rechtlichen Beistands versichern. Nur so können Sie im Falle einer Betriebsschließung Ihre Rechte als Arbeitnehmer umfassend wahren.
Selbstverständlich stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite – rufen Sie mich einfach an unter 0221 9730490 oder schreiben Sie mir eine E-Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
Zusammenfassung
Betriebsstilllegung ist ein komplexer Prozess mit rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten.
Arbeitgeber müssen die Stilllegung rechtzeitig und umfassend planen.
Es sind verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, wie Kündigungsfristen und Sozialplan.
Ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan können die Folgen für die betroffenen Mitarbeiter mildern.
Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften ist entscheidend, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
FAQ zum Thema
Kann man einen Betrieb stilllegen?
Ja. Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen, wie z.B. wirtschaftlichen Schwierigkeiten, behördlichen Auflagen oder dem Willen des Unternehmers. Die Stilllegung erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und die Einhaltung rechtlicher Vorschriften. In Deutschland sind dazu verschiedene Schritte notwendig, darunter die Information der Mitarbeiter, die Meldung bei der Agentur für Arbeit und die Abwicklung von Verträgen.
Was passiert mit den Mitarbeitern, wenn ein Betrieb schließt?
In der Regel erfolgt zunächst eine Information der Mitarbeiter über die Stilllegung. Danach können verschiedene Szenarien eintreten, einschließlich Kündigungen, Transfergesellschaften oder Aufhebungsverträge. Die genaue Vorgehensweise hängt von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und den geltenden rechtlichen Bestimmungen ab.
Wann gilt ein Betrieb als stillgelegt?
Ein Betrieb gilt als stillgelegt, wenn er seine betrieblichen Aktivitäten dauerhaft und endgültig einstellt. Dies bedeutet, dass die Produktion oder Dienstleistungen nicht mehr erbracht werden und keine Absicht besteht, den Betrieb in absehbarer Zeit wieder aufzunehmen. Die Gründe für eine Stilllegung können vielfältig sein, wie wirtschaftliche Schwierigkeiten, behördliche Auflagen oder der Wille des Unternehmers.
Eine vorübergehende Unterbrechung der Tätigkeit allein reicht nicht aus, um einen Betrieb als stillgelegt zu betrachten.
Was muss ich als Mitarbeiter bei einer Betriebsstilllegung beachten?
Mitarbeiter sollten bei einer Betriebsstilllegung folgende Punkte beachten:
Information: Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Mitarbeiter rechtzeitig über die Stilllegung zu informieren und Gründe sowie Folgen darzulegen.
Rechte kennen: Mitarbeiter haben Rechte, wie z.B. Anspruch auf Abfindungen oder Sozialplanleistungen. Es ist wichtig, die geltenden Regelungen und Tarifverträge zu kennen.
Arbeitsagentur: Bei drohender Arbeitslosigkeit sollten sich Mitarbeiter umgehend bei der Agentur für Arbeit melden, um Unterstützung bei der Jobsuche zu erhalten.
Aufhebungsvertrag: Mitarbeiter sollten bei Angeboten für Aufhebungsverträge sorgfältig prüfen, ob diese ihren Interessen entsprechen, und sich gegebenenfalls rechtlich beraten lassen.
Fristen beachten: Eventuelle Fristen für Kündigungsschutzklagen oder die Annahme von Angeboten sollten nicht verpasst werden.
Geld ohne Arbeit – Ja, das gibt es tatsächlich, z.B. als finanzielle Leistungen bei längerfristiger Krankheit.
Den Beitrag jetzt als Podcast hören:
Grundsätzlich gilt zwar im Arbeitsverhältnis das Motto: „Geld gegen Arbeit“. Aber von diesem Grundsatz gibt es zahlreiche Ausnahmen.
Eine der bekanntesten Ausnahmen ist der bezahlte Jahresurlaub. Urlaub im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes setzt immer voraus, dass der Arbeitnehmer nicht nur einfach „frei“ hat, sondern während dieser freien Zeit auch bezahlt wird, also Geld ohne Arbeit erhält.
Ansonsten ist es kein „echter“ Urlaub mit der Folge, dass der Urlaub erneut verlangt werden kann.
Ein weiteres Beispiel für Geld ohne Arbeit ist der so genannte Annahmeverzugslohn.
Dieser kann vor allem bei Kündigungsrechtsstreitigkeiten große Bedeutung gewinnen. Es handelt sich dabei um die Vergütung, die der Arbeitgeber nachzahlen muss, wenn sich eine Kündigung im späteren Prozess als unwirksam erweist.
Vor allem aber auch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bekommen Arbeitnehmer teilweise Geld, obwohl sie nicht arbeiten. Dabei kommen verschiedene Geldleistungen in Betracht, die teilweise vom Arbeitgeber und teilweise vom Staat kommen.
In dem vorliegenden Beitrag erfahren Sie, auf welche verschiedenen Geldleistungen ein Arbeitnehmer bei längerfristiger Krankheit hat.
Oder Sie sehen sich mein kurzes Erklärvideo an – dort erkläre ich Ihnen alles Wichtige kurz und knapp.
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Wer krank wird und deshalb nicht arbeiten kann, erhält zunächst in den ersten 6 Wochen Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz. Nach Ablauf der 6-Wochen-Frist gibt es bei fortdauernder Erkrankung keine Entgeltfortzahlung mehr.
Dagegen gibt es weitere Zahlungen, wenn man
entweder erneut (also nachdem man zwischenzeitlich wieder arbeitsfähig war) wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig wird, wobei jedoch mindestens 12 Monate seit dem Beginn oder 6 Monate seit dem Ende der früheren Arbeitsunfähigkeit vergangen sein müssen oder
wegen einer anderen Krankheit arbeitsunfähig wird.
Allerdings muss der betroffene Mitarbeiter in dem letztgenannten Fall, wenn er „nahtlos“ nach 6 Wochen wegen einer anderen Krankheit arbeitsunfähig wird, beweisen, dass die erste Arbeitsunfähigkeit tatsächlich beendet war (BAG vom 11.12.2019 Az. 5 AZR 505/18).
Die Vorlage einer neuen „Erstbescheinigung“ des behandelnden Arztes reicht insoweit nicht aus.
Stufe 2: Krankengeld
Nach Ende der Entgeltfortzahlung „fällt“ man als Mitarbeiter ins Krankengeld.
Diese häufig gebrauchte Formulierung ist durchaus nicht abwegig, da das Krankengeld regelmäßig geringer ist als die Entgeltfortzahlung, bei der die volle Vergütung gezahlt wird.
In einigen Arbeitsverhältnissen – vor allem im kirchlichen Bereich – gibt es allerdings für einen gewissen Zeitraum einen Krankengeldzuschuss, mit dem das Krankengeld teilweise auf bis zu 100% der Vergütung aufgestockt wird.
Das Krankengeld selbst wird für maximal 78 Monate, also für rund 1,5 Jahre gezahlt. Danach wird man „ausgesteuert“ und erhält von der Krankenkasse keine Leistungen mehr.
Zwischenstufe 2a: Krankengeld bei Arbeitslosigkeit
Krankengeld wird normalerweise im laufenden Arbeitsverhältnis gezahlt – aber nicht nur. Falls man als Arbeitnehmer gekündigt wird oder auch selbst kündigt und gegen Ende des Arbeitsverhältnisses krank ist, sollte man sich auch über das Ende der Kündigungsfrist bzw. über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus weiter krankschreiben lassen.
Das gilt selbstverständlich nur, wenn man auch wirklich weiter krank ist.
Oft höre ich von Mandanten diese oder ähnliche Aussagen: „Ab dem 1. September brauche ich mich ja nicht mehr krankschreiben zu lassen. Da brauche ich ja eh nicht mehr zu arbeiten, weil das Arbeitsverhältnis dann zu Ende ist“
Wer so denkt, verschenkt Geld. Denn das Krankengeld wird auch während der Arbeitslosigkeit fortgezahlt, wenn man „krank in die Arbeitslosigkeit geht“. Und das Krankengeld ist höher als das Arbeitslosengeld.
Außerdem „spart“ man Anspruchszeiten für Arbeitslosengeld, die man eventuell später noch gut gebrauchen kann, um die Gefahr abzuwenden, allzu früh auf Arbeitslosengeld II, also auf „Hartz IV“ angewiesen zu sein.
Stufe 3: Arbeitslosengeld
Nach Ende des Krankengeldes kommt als nächste Lohnersatzleistung das Arbeitslosengeld in Betracht. Das gilt sowohl bei Arbeitslosigkeit als auch im laufenden Arbeitsverhältnis.
Normalerweise ist Voraussetzung für die Zahlung von Arbeitslosengeld allerdings, dass man dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Das ist bei Arbeitsunfähigkeit natürlich nicht der Fall.
Hier hilft die vom Gesetzgeber vorgesehene Nahtlosigkeitsregelung gemäß § 145 SGB III. Sinn der Vorschrift ist, dass man als Betroffener zwischen Krankengeld und einer möglichen Erwerbsminderungsrente nicht „im Regen steht“.
Die Arbeitsagentur achtet in diesen Fällen allerdings darauf, dass der Möglichkeit einer Erwerbsminderungsrente auf jeden Fall zügig und mit hinreichendem Engagement nachgegangen wird.
Sonderfälle: Krankheit von Kindern und Arztbesuche
Es gibt noch einige weitere Möglichkeiten, Vergütung trotz fehlender Arbeitsleistung zu erhalten in Fällen, die mit Krankheit im Zusammenhang stehen. Grundlage hierfür ist § 616 BGB.
Dort heißt es in „schönem“ Juristendeutsch, dass der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig wird, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
Bei einer derart schwammigen Formulierung kommt es natürlich stark auf die Auslegung durch die Gerichte im Einzelfall an. Es fallen aber regelmäßig notwendige Arztbesuche hierunter, die nicht während einer Arbeitsunfähigkeit stattfinden und die nicht auf Zeiten außerhalb der Arbeitszeit gelegt werden können.
Außerdem fällt hierunter nach der Rechtsprechung die Betreuung kranker Kinder von bis zu 5 Tagen – jedenfalls wenn die Kinder nicht älter sind als 12 Jahre.
Wenn Sie weitere Fragen zum Krankengeld und Ihren Optionen haben, wenden Sie sich gerne an mich. Rufen Sie mich einfach an unter 0221 9730490 oder schreiben Sie mir eine E-Mail an mail@rechtsanwalt-tillmann.de.
Geld ohne Arbeit: Das Fazit
Bezahlter Jahresurlaub: Arbeitnehmer erhalten Gehalt auch während ihres Urlaubs gemäß Bundesurlaubsgesetz.
Annahmeverzugslohn: Bei unwirksamer Kündigung muss der Arbeitgeber das Gehalt nachzahlen.
Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit:
Entgeltfortzahlung für die ersten 6 Wochen gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz.
Krankengeld nach den ersten 6 Wochen, möglicherweise ergänzt durch einen Krankengeldzuschuss in einigen Sektoren.
Krankengeld bei Arbeitslosigkeit: Weiterzahlung des Krankengeldes auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Arbeitslosengeld: Folgeleistung nach Krankengeld, abhängig von der Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt; Sonderregelungen bei Erwerbsminderung.
Besondere Fälle wie Kinderkrankheitstage und notwendige Arztbesuche: Vergütung trotz Nichtarbeit nach § 616 BGB für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“.
Juristische Feinheiten und Auslegungen: Gerichtliche Entscheidungen und gesetzliche Regelungen bestimmen, unter welchen spezifischen Umständen Arbeitnehmer Anspruch auf diese Leistungen haben.
FAQ
Was ist bezahlter Jahresurlaub?
Bezahlter Jahresurlaub bedeutet, dass ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs weiterhin sein Gehalt erhält, auch wenn er nicht arbeitet. Ohne Bezahlung kann der Urlaub rechtlich nicht als gewährt angesehen werden, und der Arbeitnehmer kann den Urlaub erneut fordern.
Was versteht man unter Annahmeverzugslohn?
Annahmeverzugslohn ist die Vergütung, die ein Arbeitgeber zahlen muss, wenn sich herausstellt, dass eine Kündigung unwirksam ist. Dies ist besonders relevant bei Kündigungsrechtsstreitigkeiten.
Wie lange wird die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geleistet?
Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wird für die Dauer von bis zu 6 Wochen gewährt. Danach endet diese Zahlung, und es kommen andere Formen von Unterstützung, wie das Krankengeld, in Betracht.
Unter welchen Bedingungen wird Krankengeld gezahlt?
Krankengeld wird nach den ersten 6 Wochen der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, wenn die Person weiterhin krankgeschrieben ist. Dieses Krankengeld kann für bis zu 78 Wochen gezahlt werden.
Welche Rolle spielt das Arbeitslosengeld nach dem Krankengeld?
Nach dem Ende der Krankengeldzahlung kann das Arbeitslosengeld die nächste Lohnersatzleistung sein. Dies gilt besonders, wenn die Arbeitsfähigkeit noch nicht wiederhergestellt ist und unter Nutzung der Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 SGB III.
Wie ist die Regelung bei wiederholter Krankheit nach einer Genesung?
Wenn ein Arbeitnehmer nach einer Genesung erneut krank wird, gelten spezielle Bedingungen für die erneute Entgeltfortzahlung: Bei derselben Krankheit muss seit dem Beginn der ersten Krankheitsperiode mindestens 12 Monate oder seit dem Ende der ersten Krankheitsperiode mindestens 6 Monate vergangen sein. Bei einer neuen Krankheit muss bewiesen werden, dass die erste Arbeitsunfähigkeit wirklich beendet war.